4 Operation(en)

Die persönlichen Erfahrungen der mittlerweile 42jährigen Autorin (ich war 37 Jahre alt zum Zeitpunkt der 1. OP.

Hochgradige 4-bogige thorakolumbare Skoliose mit Wirbelgleiten (2 Bögen > 100° Cobb) nach konservativer Behandlung (einseitige Schuherhöhung, Milwaukee-Korsettversorgung, 6 Aufenthalte in Sobernheim zur Erlernung der 3-dimensionalen Atmungsorthopädie nach Lehnert-Schroth und Festigung), Physiotherapie nach Schroth zuhause und bei Therapeutin wöchentlich.) 

Über 2 Jahrzehnte später als letzte verbliebene Maßnahme zur Verbesserung der Schmerzen und der fortschreitenden Verschlecherung der Verkrümmungen (Progression) stand für mich die Versteifungs-Operation.

Meine Erfahrungen sind speziell und sollen nicht verallgemeinert werden.

Jede Skoliose ist unterschiedlich in Ausprägung, Form, Progression. Manche Skoliosen können mit der Hilfe der richtigen Gymnastik und/oder richtigen Korsettbehandlung kontrolliert und verbessert werden, sofern die Skoliosen früh erkannt werden und die Gymnastik sowie Korsettanpassung fachmännisch auf dem neuesten Erkenntnisstand der Technik erfolgt.

 

Ärzte und Schwestern im Klinikum Neustadt sind kompetente Vollprofis auf dem Gebiet der Skoliose-OPs. Das Ärzte dafür bekannt sind, das menschliche vom fachlichen streng zu trennen, ist eine Notwendigkeit zum eigenen Schutz. Als Patient möchte man immer etwas mehr Mitgefühl und Verständnis als möglich ist und war enttäuscht wenn man so sachlich betrachtet wird. Am besten bereitet man sich darauf vor.

Letzten Endes zählt wirklich nur ein erfolgreiche Ergebnis. 

Eine fachlich kompetente medizinische Behandlung erfolgt.

Streicheleinheiten holt man sich beim Partner, den Schwestern und/oder Mitpatienten, den Leidensgenossen. Trotzdem muß man mit allem selbst fertig werden und macht viel mit sich aus in dieser Zeit.

 

Meine Absicht ist, einen ungeschönten Erfahrungsbericht im Detail für  Betroffene und Interessierte zur Verfügung zu stellen. 

 

Auf der Suche nach der richtigen Behandlung für eine beginnende Skoliose ist es vor allem wichtig zum richtigen Zeitpunkt, einen kompetenten Orthopäden zu finden, der sich wirklich auskennt. In dem Bundesland in dem man lebt, sollte man so einen Spezialisten suchen, und eine auch längere Anfahrt in Kauf nehmen. Nicht jeder Orthopäde kennt sich gut mit Wirbelsäulendeformitäten aus.

 

Im Internet gibt es ein Forum für Skoliose, Kyphose, Scheuermann etc. das ich hier auch gern empfehlen möchte, die Webseite lautet:

www.skoliose-info-forum.de.

 

 

Kapitel 1  

16.10.2004 Fahrt nach Hamburg, Lübeck und Neustadt zur Ferienwohnung:

 

Wir reisten das 1. Mal mit einem Nachtzug von München nach Hamburg..

Zum Bahnhof München fuhren wir mit einem großen Taxi-Kombi, da passte immerhin das Gepäck mit 4 Koffern in den Kofferraum.

Die Fahrt im Nachtzug war abenteuerlich.

Wenn man zum reinen Vergnügen in einem Nachtzug verreist und Wert auf eine Dusche legt, sollte man möglichst wenig Gepäck mitnehmen.

Wir mussten unser Gepäck in der engen Duschkabine stapeln. Wir wollten nicht duschen. Rückblickend würde ich nicht mehr mit einem Nachtzug verreisen.

Man kann nicht schlafen. Die Kabinen sind eng und beklemmend und die Betten unbequem. Man fühlte sich wie ein frisch geschüttelter Cocktail.

Wenn man dann wieder festen Boden unter den Füssen hat schüttelt es in einem weiter einige Stunden lang, dann erst lässt dieses Gefühl nach.

Das Positivste was dem Nachtzug abzugewinnen war, war das Frühstück im Speisewagen. Mit dem frühen Aufstehen hatten wir, wie viele andere Leute auch, keine Probleme.

 

Unsere Reise nach Neustadt fand einige Tage vor der stationären Aufnahme in die Klinik statt. Wir dachten es kann nicht schaden noch ein paar unbeschwerte Tage an der Ostsee zu verbringen, bevor es ernst wird. Ich glaube unter den gegebenen Umständen haben wir das Beste aus dieser Zeit gemacht. Es war meine Schonzeit vor dem großen Eingriff, die ich zu genießen versuchte.

 

In Hamburg angekommen, mit Gepäck einmal umsteigen in den Zug nach Lübeck.

In Lübeck noch Umsteigen in einen kleinen Zug der an der Ostsee entlang fuhr und uns zu unserer Endstation nach Neustadt brachte.

Am Bahnhof Neustadt angekommen riefen wir unsere Gastfamilie an und 10 Minuten später wurden wir herzlich empfangen, mit Autokombi zur Ferienwohnung gefahren.

Die Fahrt dauerte nur 15 Minuten vorbei am Klinikum (das ich noch ignorieren durfte). Die Ferienwohnung war gemütlich und groß. Wir ruhten uns von der langen und anstrengenden Reise aus. 

Dann erkundeten wir die Umgebung und versorgten uns mit den notwendigen Lebensmitteln und Getränken. Nicht weit entfernt lag die Ostsee, die uns zum spazieren gehen am Strand einlud. Das Ostseeklima tat uns beiden gut.

 

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus (die Haltestelle gleich vor der Tür) nach Neustadt hinein. Neustadt ist ein kleines Städtchen, hat einen hübschen Yachthafen, aber das war es dann auch schon.

 

Neustadt hatten wir aufgrund der Überschaubarkeit schnell erkundet.

 

Anderntags fuhren wir mit dem Zug nach Lübeck.

Eine sehr schöne Stadt, die Stadt aus der das Lübecker Marzipan stammt.

Das Holstentor und die Altstadt mit dem Markt hat uns sehr gut gefallen.

 

Die wenigen gemeinsamen Tage vergingen schnell.

Den Vorabend vor der Aufnahme in die Klinik ließen wir bewusst mit einem schönen letzten gemeinsamen Abendessen in einem Hotel in der Nähe ausklingen. Die Schonzeit war nun bald unwiederbringlich vorüber.

 

Kapitel 2  

Am 19.10.2004 stationäre Aufnahme in die Klinik

 

Nach dem gemeinsamen Frühstück in der Ferienwohnung packte ich meine Sachen für die Klinik zusammen in einen kleinen Koffer. Gegen Mittag fuhren wir zur Aufnahme mit dem Bus direkt in die Klinik. Nach der Aufnahme, wurde ich auf die Station gesandt und wartete im Aufenthaltsraum zusammen mit Phil bis mein Bett bezugsfertig war. Der Aufenthaltsraum diente mir später täglich als Zufluchtsort.

Von dort hatte man eine wunderbare Aussicht auf die Ostsee. Zimmer mit Ostseeblick hatte ich die ganzen 8 Wochen nicht. Ich bekam im Aufenthaltsraum ein Mittagessen serviert. Ich war so froh, das Phil dabei war. Ohne ihn hätte ich das nicht so tapfer durchgestanden, da bin ich ganz sicher. Es ist so wichtig eine vertraute Person zu haben mit der man das teilen kann.

Das Privileg, meinen Partner an meiner Seite zu wissen, wusste ich sehr wohl zu schätzen.

 

Nachdem ich in mein Zimmer gehen konnte, begann ich sehr zurückhaltend mich einzurichten...fast wie in Zeitlupe...nur nicht zu schnell, dachte ich, mach langsam, viel ist ja nicht zu tun, Koffer ausräumen und die Sachen in den Schrank räumen, die Toilettensachen ins Bad und fertig. Das kam mir alles ein wenig unwirklich vor, so als stünde ich neben mir und würde mich beobachten. Ich konnte nicht fassen, das es nun soweit war.

 

Es lag noch eine ältere Frau im Zimmer, die sich gerade von einer OP erholte.

 

Eine Schwester kam mit einem Fragebogen und stellte mir alle möglichen Fragen, ob ich ein Ei zum Frühstück möchte etc., ich fand das fast banal, angesichts der bevorstehenden OP, ich musste lachen bei diesen Fragen. 

 

Im Verlauf des Nachmittags wurden mehrere Untersuchungen gemacht (Messung der Lungenkapazität, EKG, Blutabnahme, Röntgen, 2 kräftige Männer zogen mich an Händen und Füssen auseinander, um im Röntgenbild die Aufdehnungsspielräume der Wirbelsäule in gestrecktem Zustand festzuhalten.

Dabei machten die Männer lustige Bemerkungen, es tat gut zu lachen. 

   

In der Wirbelsäulenambulanz fand danach ein 1. OP-Gespräch mit dem Arzt statt.

  

Aufgrund des Röntgenbildes stand fest, das sich bei mir eine OP nur lohnt, wenn ich über 3-4 Wochen eine Halo-Extension bekomme (das ist ein Metallring mit 4 Pins der am Schädelknochen festgeschraubt wird, unter ständigem Gewichtszug im Stehen, Sitzen und Liegen gehalten wird um Tag und Nacht die Wirbelsäule aufzudehnen und die Rückenmarksnerven vorsichtig mitzudehnen, so dass Lähmungserscheinungen vorgebeugt werden kann).

 

Im Februar 2004 beim Vorgespräch zur OP sagte ein Arzt noch eine Halo-Extension sei wahrscheinlich nicht nötig bei mir.

Also hatte ich mich mental auch nicht auf eine Halo-Extension eingerichtet. Das war ein richtiger Schock für mich, den ich erst mal verkraften und mit Phil besprechen und überlegen mußte. Nun hatte ich ein paar Minuten Zeit mir zu überlegen, ob ich die OP absagen oder der notwendigen Halo-Extension zustimme. Ich entschied mich dafür.

Das war die einzige Möglichkeit meine Wirbelsäule über einen längeren Zeitraum schonend aufzudehnen ohne das Rückenmark zu beschädigen und um überhaupt einen Aufrichtungserfolg zu erzielen. Es musste also sein.

 

Es brachte zwar unsere Zeitplanung bezüglich Phils Unterkunft völlig durcheinander, die Ferienwohnung wurde sofort im Anschluss so um den 12.12. herum schon wieder vermietet an die Mutter einer anderen OP-Patientin, die ich dann auch noch persönlich kennenlernte in der Klinik später. Wir rechneten mit 4-5 Wochen Klinikaufenthalt maximum. Das ich ganze 8 Wochen in der Klinik verbringen würde, wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht.

 

Ich habe einige junge 15jährige Mädchen in der Klinik getroffen, die nach 2 Wochen Klinikaufenthalt schon nachhause konnten.

Das ist der Idealfall, wenn die Wirbelsäule noch nicht so verknöchert ist, also bei jungen Menschen reicht meist eine einzige OP und die Dauer der Rekonvaleszenz ist auch viel kürzer.  

Aber es gibt auch bei den 15jährigen Mädchen manchmal, wenn auch sehr selten Probleme, die Ausfallerscheinungen nach der OP haben.

 

Aber nun erst mal weiter, ich bin immer noch beim 1. Kliniktag:

 

Es kam ein freundlicher Arzt der mich nochmals kurz untersuchte und umfassend über die Risiken der bevorstehenden OP aufklärte und alle Fragen die ich noch zur OP hatte, beantwortete. Danach leistete ich auf dem Aufklärungsformular noch meine Unterschrift.

 

Gegen Abend kam ein Anästhesist, der mich über die Vollnarkose und deren Risiken aufklärte und dem ich auch Fragen stellen konnte, auch er wollte meine Unterschrift.

 

Wenn man so intensiv auf alle möglichen Risiken aufmerksam gemacht wird, da schwirrt einem schon ganz schön der Kopf.

 

Zum Abendessen bekam ich keine feste Nahrung mehr, nur noch Brei und danach durfte ich nichts mehr Essen.

  

Später folgte eine Darmentleerung mittels Klistier. Das ist etwas ungewohnt und die Flüssigkeit oder das Gel kühl, ist aber nicht schmerzhaft. Bis 22 Uhr durfte ich nur noch Mineralwasser oder Tee trinken und meine Beruhigungspille einnehmen und danach dann auch nichts mehr trinken.

 

Die Schwester kam noch mal mit einem OP-Hemd, einer Netzunterhose, einem Nassrasierer und einer kleinen blauen Plastikkiste mit Deckel für meine privaten Dinge, die ich auf die Intensivstation mitnehmen wollte.

 

Nachdem ich gegen 22 Uhr die Beruhigungspille eingenommen hatte, fiel ich irgendwann tatsächlich in den Schlaf und wachte um 7 Uhr früh auf.

Ich konnte jetzt sowieso nichts mehr tun, alles nahm seinen Lauf.

 

 

Kapitel 3  

OP am 20.10.2004:

 

Die Schwester kam rein und schickte mich duschen, ich sollte mir die Achselhaare rasieren mit dem Nassrasierer.

Eine Schwester rasierte mir am Rücken entlang dort wo nachher der Schnitt gemacht wurde, die Härchen und ich zog das OP-Hemd an und die "schicke" Netzunterhose und wartete darauf zur OP abgeholt zu werden.

 

Ich war an diesem Tag, die 1. Patientin die operiert wurde. 

 

Ich bekam noch mal Pillen zur Beruhigung, die ich mit etwas Wasser schluckte. Mitsamt meinem Bett wurde ich dann zum OP-Vorbereitungsraum quer durch die Klinik gefahren und musste mich aus meinem Bett auf eine Art Edelstahl-Tisch legen. Das OP-Hemd musste ich nun ausziehen und so wurde ich in den Vorbereitungsraum hineingeschoben, wo ich von einem Anästhesisten mit einem Stich in den linken Handrücken ins Schlummerland verabschiedet wurde. Seine Worte an mich: "jetzt denken Sie mal an etwas sehr Schönes"....

 

Das war das Letzte was ich mitbekam und ich war sogleich zu Gast im Schlummerland und schlummerte.

 

Die OP dauerte ca. 8 Std. (von ca. 8 bis 16 Uhr) und folgendes wurde gemacht:

Ventrodorsales Release mit Anlage einer Halotraktion

 

Die OP verlief komplikationslos.

 

Ich hatte viel Blut verloren, meine eigene Konserve war schnell verbraucht und ich bekam Fremdblut transfundiert, welches ich aber sehr gut vertragen habe.

 

Als ich auf der Intensivstation aufwachte, stand ich unter dem Einfluss der Schmerzmittelgaben und war sehr benommen. Ich bekam um mich herum fast nichts mit. Meine Wahrnehmung und mein Erinnerungsvermögen waren gestört.

Kein Mensch hat mit mir gesprochen. Ich lag da und alles was ich wahrnahm, war das Öffnen steriler Verpackungen.

 

 

Nebenan lag ein Mädchen namens Hanna, deren Mutter saß bei ihr und sprach mit ihr...mit mir sprach keiner...

 

.... ich war immer wieder komplett weg und wenn ich zwischendurch aufwachte,  versuchte ich mir klarzumachen, was geschehen war, dass ich operiert wurde und mich nicht bewegen konnte, ich war wie eingefroren...ich hatte große Schmerzen, aber immer wenn ich eine Spritze bekam wurden die Schmerzen vorrübergehend wie Wolken vom Wind langsam weggeblasen.

Ich wusste weder in welchen Abständen ich eine Spritze bekam noch was mir für ein Schmerzmittel gespritzt wurde. Ich wusste auch nicht wo das hingespritzt wurde.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht dass ich an einer Halsvene rechts einen Venenzugang hatte, in den die Schmerzmittel direkt eingespritzt wurden (erst später auf der Normalstation lernte ich, wo welche Schläuche und Zugänge tatsächlich lagen). Den Halo-Kopfring der mit 4 Pins an meiner Schädeldecke befestigt war, nahm ich auf Intensiv gar nicht richtig war, aber er war da und ich konnte den Kopf nicht bewegen.

 

Meine 1. richtige Wahrnehmung war als Phil mich auf Intensiv besuchen kam (am 21.10. gegen Mittag), ich sah nur verschwommen seine Umrisse und seine Kappe (ich hatte keine Brille auf, die lag noch in der blauen Plastikbox) aber ich spürte dass eine vertraute Person anwesend war, endlich, endlich...jemand der mit mir spricht.

So glücklich und erleichtert war ich als Phil mir seine Hand reichte.... und er mir etwas in die Hand hineinlegte... einen herzförmigen Handschmeichler .... den wollte ich am liebsten nicht mehr weglegen, ich war so froh das er mich besuchen kam.

 

Allerdings nicht lang, nach 15 Minuten Besuchszeit schickte ich Phil schon nachhause, denn ich fiel immer wieder in leichten Dämmerschlaf, betäubt und benommen von den Schmerzmitteln.

Die Nacht auf der Intensivstation verbrachte ich im Wechselbad des Wegdämmerns nach den Schmerzmittelgaben, dem Aufwachen mit Schmerzattacken, dem Aushalten der Schmerzen bis zur nächsten Schmerzmittelgabe, die ich vermutlich stündlich erhalten haben muss.

 

Meine Lippen waren fürchterlich ausgetrocknet, ich konnte etwas später um etwas Feuchtigkeit für die Lippen bitten und bekam einen angefeuchteten Q-Tipp der leicht nach Zitrone schmeckte, herrlich erfrischend.

Die Arme konnte ich später sogar beugen, obwohl ich anfangs dachte ich kann gar nichts bewegen. Ich lag einfach so da, hilflos und ahnungslos.

Aber mit der Zeit bewegte ich meine Zehen und meine Finger, was ich bewegen konnte, wurde bewegt... 

 

 

Schon am 22.10. (2 Tage nach der OP) wurde ich nachmittags auf die Normalstation gebracht, ich kam jedoch in ein neues Zimmer.

 

Phil suchte mich vergeblich auf der Intensivstation.

Uns wurde gesagt, das mit 3-5 Tagen Intensivaufenthalt zu rechnen wäre.

Im nachhinein empfand ich die Zeit auf der Intensivstation, so kurz sie auch war, als traumatisch und meine Gedanken kreisen immer wieder darum herum und sind immer gleich so abrufbar, auch jetzt noch 7 Monate danach.

 

Es hat mir ein Besucher erzählt, das eine Patientin, die er auf Intensivstation besuchte, so viel wimmern und weinen konnte, wie sie nur wollte, das Personal auf der Intensivstation reagierte darauf schon gar nicht mehr.

Wenn jemand genug Kraft hat um zu wimmern und zu weinen, dann kann es nicht so schlecht um den Patienten bestellt sein war die Antwort.

Auf der Intensivstation geht es um Leben oder Tod und wenn ein Patient einigermaßen stabil ist, bekommt er keine Zuwendung. 

Mit der Verlegung auf die Normalstation hörten auch schlagartig die intravenösen Schmerzmittelgaben in den Halszugang auf.

 

Da es mir aber insgesamt noch nicht so supergut ging, bekam ich noch einmal eine Bluttransfusion und die tat gut. Mein Allgemeinzustand verbesserte sich langsam.

 

Mit einem Mal wurde ich auf Schmerztabletten und -tropfen umgestellt.

Dies wirkte sich sofort in immer häufiger wiederkehrenden und sich steigernden Schmerzattacken aus, da die Tabletten und Tropfen nicht sofort wirkten.

Anfangs wusste ich vor lauter Schmerzen und genereller Hilflosigkeit nicht, was ich überhaupt an Medikamenten verabreicht bekam und hatte auch keine Kraft mich darum selbst zu kümmern.

 

Vor allem nachts hatte ich die stärksten Schmerzschübe, ich bekam nachts keine Tabletten mehr, sondern nur noch Tropfen, deren Wirkung erst nach 20-30 Min. einsetzten und zu schnell verpufften. Ich hätte stündlich Tropfen benötigt, bekam sie aber nicht, weil gewisse Zeitabstände einzuhalten waren.

Tagsüber bekam ich 3x Tabletten und Tropfen zu den Mahlzeiten.

Nachts war ich immer darauf angewiesen, die Schwestern 5-6x herzuklingeln und um Schmerztropfen anzubetteln.    

Wenn ich die Schwester rief und Schmerzmittel wollte, hieß es ich hätte gerade vor einer halben Stunde etwas bekommen und ich müsste noch warten bis ich die nächsten Tropfen haben könne... so hangelte ich mich von Stunde zu Stunde und  ab 22 Uhr bis morgens früh um 4 oder 5 Uhr hatte ich die meisten Schmerzen und bekam höchstens 2 x Tropfen verabreicht.

 

Es dauerte ca. 1 ? Wochen bis die Tabletten überhaupt einigermaßen zu wirken begannen, bzw. ich die richtigen Schmerzmittel in Tablettenform bekam.

 

Hinzu kam der Umstand, dass ich nach der Intensivstation in ein Zimmer auf Normalstation verlegt wurde, in dem ich ganz alleine lag....

Im Nachhinein weiß ich, dass ich persönlich Schmerzattacken etwas besser verkrafte, wenn ich weiß ich bin nicht ganz allein.

Eine Mitstreiterin im selben Raum zu wissen, die ähnliches durchmacht, mit der man solidarisch sein kann, hilft enorm. 

 

Eine Schwester sagte zu mir einmal, dass ich ja so tapfer meine Schmerzen hinnehmen würde und mit so wenig Schmerzmitteln auskäme.... das gab mir dann schon etwas zu denken und ich forderte bei der nächsten Visite eine Erhöhung meiner Medikamentendosis, als ich die Kraft und den Mut dazu hatte.

 

 

In einem Online-Bericht einer anderen Betroffenen zur OP in Neustadt, in dem ich mich vor der OP über alles ausführlich informieren konnte, wurde berichtet, dass jeder in Neustadt eine Schmerzpumpe erhalte, mit der er sich selbst per Knopfdruck die notwendigen Schmerzmittel geben könne.

Ich musste leider feststellen, dem war nicht mehr so. 

Aber kurz nach der OP kann man als Patient für sich nicht so gewandt Stellung nehmen, man ist einfach erst mal hilflos.    

 

Den Halo-Kopfring habe ich noch gar nicht erwähnt.

Ich konnte meinen Kopf nicht nach links oder rechts drehen, konnte nur auf dem Rücken liegen.

Das war vor allem zum Einschlafen für mich ungewohnt, da ich gewohnt war auf der Seite einzuschlafen. Mit dem Halo war ich automatisch die ersten Tage nur ans Bett gefesselt und konnte selbständig überhaupt nichts machen.

Ich bekam die intensivste Pflege die Schwestern leisten konnten.

 

Endlich bekam ich eine Bettnachbarin (eine junge Frau in meinem Alter), war ich erleichtert nicht mehr ganz allein zu sein.

Die Bettnachbarin war sehr gesprächig und hörte gar nicht mehr auf von ihrem Leben und Leiden zu berichten. Sie war furchtbar nervös und aufgeregt, die ganze Nacht hindurch erzählte sie... und der Fernseher musste laufen, bis sie eingeschlafen war... am nächsten Tag wurde sie operiert, nach einer OP, bei der ein paar Wirbel versteift wurden, kam sie in ein anderes Zimmer. Wenn wir uns später zufällig auf dem Gang trafen, strahlte sie überglücklich und freute sich über beide Ohren, nach 14 Tagen wurde sie schmerzfrei entlassen.

 

Schon am nächsten Tag nachmittags bekam ich eine neue Bettnachbarin in mein Zimmer. Die Bettnachbarin Nr. 3 war zu einer Stufendiagnostik in der Klinik für eine Woche und ging danach vorerst wieder nachhause, bis sie einen freien OP-Termin bekam.

 

Täglich machte ich kleine Fortschritte und kam nach und nach immer mehr wieder zu mir.

 

Die vereinzelten Venenzugänge, die nicht mehr benötigt wurden konnten von den Schwestern gezogen werden, am rechten Arm und am Handgelenk zwei Zugänge, die einfach abgemacht werden konnten, die Nadeln wurden einfach rausgezogen.

 

Am Halszugang mussten Fäden gezogen werden, denn der Venenzugang war angenäht, den mussten die Schwestern abmachen, den Knoten durchschneiden und die Fäden ziehen, dann konnte auch der Zugang am Hals weggezogen werden.... das war auch ein Schritt Normalität für mich.

 

Der Blasen-Katheter konnte auch raus, den wollte ich nicht unbedingt länger als nötig behalten. Das ging ganz schnell und war ein ganz kleines bisschen schmerzhaft. Die Freude ihn los zu sein überwog jedoch.

 

Von nun an hielt ich die Schwestern täglich ziemlich auf Trab, nach dem Bettopf klingeln, Bettopf besteigen, nach der Entsorgung klingeln...jetzt musste ich ja selbständig den Bettopf erklimmen (mir kam es vor, wie eine Bergbesteigung, denn ich hatte ja noch die ganzen Wundschläuche am Rücken und die Thoraxdrainage an der Seite, die Verbände dick und fest am ganzen Rücken und der linken Seite entlang). 

 

Für all jene die wie ich noch nie im Krankenhaus auf einen Bettopf gehen mussten, war das alles neu, ungewohnt und sehr anstrengend.

Der Bettopf wurde mir unter den Po geschoben, den Po bzw. die Hüfte musste ich aber erst mal anheben auf einer Seite... das war ziemlich schmerzhaft, aber anders nicht zu machen.

 

Das holsteinische Wort für: Ich muss mal pinkeln, ist ich muss mal pischn!

Für alle die das noch nicht wussten. Gehört doch zur Allgemeinbildung.

 

Die gesamte Körperpflege die ich durch die Schwestern erfuhr, weil ich es selbst nicht konnte, war ungewohnt. 

Ich gewöhnte mir an, sobald ich mithelfen konnte, dies auch zu tun, so hatte ich später z.B. immer eine Rolle Toilettenpapier neben meinem Bett stehen.

Ab und an ging auch mal was daneben auf meine Bettunterlage, dann bekam ich etwas darüber gelegt damit ich nicht im Nassen lag. 

Es konnte ja nicht mitten in der Nacht das Bett gewechselt werden, schließlich lag ich im Bett und konnte nicht so einfach raus, ich hatte ja den Halo und war am Bett fixiert.

 

Ich hielt also die Schwestern ständig auf Trab damit, denn ich verlor all das Wasser, das ich in meinem Körper gespeichert hatte. Die wussten schon ohne das ich was sagen musste, das ich pischn musste, die kamen sogar schon immer mit einem Bettopf in der Hand herein....(ich war wahrscheinlich schon verschrien als die Pischerin der Station).

Ich sollte zu allem Unglück auch noch sehr viel Wasser trinken und manchmal war es mir sehr peinlich so oft nach den Schwestern klingeln zu müssen.

Die waren das schon gewöhnt (nur ich nicht).

 

Die Darmtätigkeit war nach der OP noch ganz träge, d.h.  ich musste versuchen auch mal den Darm zu leeren, nicht nur die Blase.

Ich bemühte mich und nach einigen Versuchen, klappte auch das wieder.

Darüber hab ich mir vorher keine Gedanken gemacht.

Es war so wichtig für mich, das der Darm richtig funktioniert, weil erst bei erfolgreicher Darmtätigkeit wieder feste Nahrung zugeführt werden konnte.

Wer einmal im Krankenhaus nur Flüssignahrung, in Form von Suppe und Brei bekommen hat, weiß was für ein Ansporn es ist, wenn man Aussicht auf feste Nahrung hat. Obwohl wir später immer auch an der festen Nahrung etwas auszusetzen fanden.

 

Die Körperpflege durch die Schwestern war für mich eine Erfahrung, die ich sehr dankbar akzeptierte, es bleibt einem einfach auch nichts anderes übrig.

Die ersten Tage auf der Normalstation wurde ich morgens komplett von einer Schwester gewaschen und auch eingecremt, das war angenehm, nach all dem bewegungslosen Liegen und den Schmerzen.

 

 

Noch steckten links und rechts 3-4 Wundschläuche in meinem Rücken und die Thoraxdrainage in meiner linken Seite, die Wundsekret abpumpte.

Die Pumpe war ziemlich laut, machte komische Geräusche und manchmal hatte ich das Gefühl es pumpt und pumpt obwohl nichts mehr zum abpumpen da ist.

Bis die Thoraxdrainage letztendlich rauskam vergingen mehr als 5 Tage und ich musste den Arzt immer wieder daran erinnern, dass die Thoraxdrainage noch raus sollte.

 

Die Wundschläuche im Rücken links und rechts konnten früher gezogen werden.

Ich hatte Angst davor, aber es ging ganz gut. Die Schläuche wurden mit einem Rutsch rausgezogen und ich war befreit.

Der Arzt wandte einen Trick an beim Rausziehen:

Ich sollte ganz tief Einatmen und dann ganz tief Ausatmen.

Beim Ausatmen zog er schnell die Schläuche raus, das ging so schnell, das der Überraschungsmoment dabei half, weil ich mich voll auf das Ein- und Ausatmen konzentriert hatte. Obwohl ich eigentlich den Rücken immer noch nicht richtig spüren konnte, bildete ich mir ein das sich das Liegen auf dem Rücken wieder etwas „normaler“ anfühlte, ohne die Schläuche.

 

Die Wundschläuche waren schmal im Durchmesser (ca. 0,5 cm).

Der Thoraxdrainageschlauch war doppelt so breit (ca. 1,5 cm) und ich hatte noch viel mehr Angst vor dem Ziehen als vor allem anderen.

Es wurde mir angekündigt, dass die Thoraxdrainage gezogen werde und dann ist nichts passiert, es vergingen Tage und ich wartete jeden Tag darauf, das es endlich passiert. So fing ich an mir die schlimmsten Vorstellungen zu machen.

Ich sehnte den Tag herbei, an dem das verdammte Ding da endlich rausgezogen wurde und hatte höllische Angst vor eventuellen Schmerzen.

Als es endlich so weit war und die Pumpe abgestellt wurde und der dicke Schlauch gezogen wurde, empfand ich etwas Schmerz gepaart mit Überraschung, weil man als Patient ja bei so was immer irgendwie „überrumpelt“ wird.

Ich war so froh, als das endlich vorüber war, denn es ist furchtbar wenn man auf etwas wartet und es passiert tagelang nichts.

 

Auf alle Wunden kam ein schöner dicker Verband.

Mein Rücken hatte einen langen dicken Verband in der Mitte und auf der linken Seite sowie an den Stellen wo die Thoraxdrainage war.

Die seitliche Narbe und die lange Rückennarbe wurden bei der 1. OP nicht zugenäht.

Die Narben wurden lediglich getackert (ähnlich den Metalltackern im Büro).

 

Das bedeutete für mich noch zwei unangenehme Sitzungen, bei denen die Tacker entfernt werden mussten.

Das geschah ca. 10 Tage nach OP, wenn ich das noch richtig weiß.

Die Tacker der langen Rückennarbe wurden zuerst entfernt.

Ich hab jeden einzelnen laut mitgezählt, es waren 52 Stück die entfernt wurden.

Ganz schmerzfrei ging auch das nicht ab, manche Tacker waren verkrustet und wollten nicht so einfach raus.

Es ziepte und zog ganz ordentlich, war aber zu verkraften.

Auch dabei ist man froh, wenn diese Fremdkörper endlich raus kommen.

Danach war ich richtig geschafft, ich krallte mich fest an meinem Bett während die Tacker rausgezogen wurden.

 

Ein paar Tage später mussten dann nochmals zwei Knoten (an der Seite wo vorher die Thoraxdrainage war) geöffnet und ein paar Fäden gezogen werden.

Die Tacker aus der Seitennarbe wurden dabei auch entfernt.

Allerdings ziepte und zog es auch genauso, doch hier waren es nur 42 Tacker, also nicht ganz so viele wie am Rücken.

 

Es war in den ersten Wochen immer eine Überraschung, wer nun wieder mal überraschend zur Tür herein kam und was derjenige mit mir vorhatte.

Entweder musste mal wieder Blut abgezapft werden oder sonst irgendwas rausgezogen oder entfernt werden.

Die ersten beiden Wochen war viel los, ein Kommen und Gehen, es gab viel zu tun.

 

Plötzlich stand mal wieder ein Arzt im Raum, täglich zur Visite sowieso, Mittwochs zur Chefarztvisite mit einem Konvoi von 5-10 Personen, morgens zwischen 7.30 und 8 Uhr, zu einer Zeit in der ich die Nacht nicht geschlafen hatte und endlich etwas eingedöst war.

Die Tür geht unvermittelt auf, das hellste Licht wird angeschmissen, am Patienten wird gefragt wie es geht und dann wird untereinander gesprochen Chefarzt mit Stationsarzt, der Patient traut sich nichts zu sagen, ist sowieso komplett verwirrt und schon ist die Visite vorüber, denn die kommen so schnell wie sie gehen.

 

Täglich wurden die Vitalwerte gemessen (Blutdruck, Fieber, Puls).

Täglich gab es eine Heparin - Thrombosespritze am Nachmittag und alle 3 Tage wurden die Thrombosestützstrümpfe gewechselt.

Mein Bauch war sowieso durch die OP angeschwollen und tat nach kurzer Zeit höllisch weh, bei jeder Spritzenverabreichung.

In den Schenkel wollte ich aber keine Spritze.

Nach 8 Wochen hab ich die Spritzen nur noch gehasst und war so froh als es damit vorbei war am 16.12.2004 die letzte der 54 Heparin-Spritzen.

 

Zum Anziehen der Thrombosestrümpfe benutzten die Schwestern ein Gerät, welches das Anziehen der Strümpfe über der Ferse erheblich erleichterte.

Die Strümpfe waren so stramm, vor allem die neuen Strümpfe.

Beim Wechsel der Strümpfe kam es häufig vor, das die passenden Strümpfe erst noch organisiert werden mussten und erst später angezogen werden konnten und so hatte ich immer ein bisschen Zeit meinen beiden Beinen etwas Freiheit zu gönnen.

Das war angenehm, mal ohne diese strammen Strümpfe, denn die Haut wurde von den Strümpfen ganz trocken.

Das Eincremen der Beine übernahm die Schwester, wenn ich das wünschte.

 

Die ersten beiden Wochen dienten auch dazu die Schmerzen so einigermaßen mit der für mich persönlich richtigen Medikation in den Griff zu bekommen.

Nach meiner Einschätzung half mir Tramal nicht.

Nach einer Visite wurde auf meinen Wunsch hin meine Medikation umgestellt und ich bekam Oxygesic Tabletten (ein Morphium-Derivat steht unter dem Betäubungsmittelgesetz), 3 x täglich 10 mg und 1x nachts 20 mg und mit dieser Einstellung bekam ich dann auch ganz langsam die Schmerzen besser in den Griff.

Die Nächte waren allerdings immer noch ein Hangeln und Warten von einer Tropfenverabreichung zur nächstmöglichen.

 

 

 

In der Anfangszeit war ich noch ans Bett gebunden, aber ich lernte recht schnell schon am 2. oder 3. Tag nach OP mal ganz kurzes Aufsitzen am Bettrand.

Dazu benötigte ich 2 Physiotherapeuten oder Schwestern. Einer musste mich vom Bettgestell ausklinken und ein anderer musste mich am Kopf nach oben mit Zug halten, sonst wäre ich wie eine Ziehharmonika in mich zusammengesunken, denn ich hatte ja keine Bandscheiben mehr.   

Am Anfang wurde nur das aufrechte Sitzen am Bettrand geübt, danach sollte das kurze Stehen neben dem Bett geübt werden.

Mein Kreislauf war im Keller und mir wurde schwarz vor Augen und schwindlig.

Ich musste mich sofort wieder hinlegen, dann wurde es etwas besser. 

Dazu musste man mich mitsamt des Halo wieder ans Bettgewicht einklinken und eine 2. Person musste währenddessen mit beiden Händen meinen Kopf in die Hände nehmen und nach oben Zug ausüben, solange bis ich wieder mit dem Gewichtszug im Bett verbunden war, erst dann konnte mein Kopf losgelassen werden.

 

Als ich gut aufrecht sitzen konnte am Bettrand, wurde das Stehen geübt.

Danach dann das Umsetzen in den Rollstuhl und das Einklinken in den Haken am Rollstuhl. Das war ein spezieller Rollstuhl dessen Gewichtszug per Drehknopf einstellbar war.

 

Im Liegen im Bett zog mich anfangs ein 5 ? kg Gewicht bei Tag und Nacht.

Alle paar Tage wurde der Gewichtszug erhöht um ca. ? kg.

Zuletzt war das Zuggewicht im Bett bei 10 kg.

Insgesamt war ich 6 Wochen statt der geplanten 3-4 Wochen im Halo. Warum so lang, das erkläre ich etwas später noch.

 

Die ersten Wochen im Halo waren heftig.

Ich hatte am Rücken und an der Seite die operierten Stellen und die Wundheilung war im Gang. Es tat alles weh und ich musste mich täglich auf einer Seite liegend aufrichten und stehen, mich umsetzen, im Rollstuhl sitzend, meine Morgentoilette selbst durchführen und selbst Frühstücken.

Das Frühstück war für mich keine Freude, denn es fiel mir unter den gegebenen Umständen sehr schwer das Essen zu mir zu nehmen.

Mein Hals stand unter einer solchen Streckung, das mir der Appetit jedes Mal verging  nach ein zwei Kaffeeschlucken und zwei Brötchenbissen wurde ich immer frustriert und wütend.

Dann die Morgentoilette selbst durchzuführen, im Spiegel mein Anblick mit Halo, das verlangte viel Eigenmotivation.

Jeder einzelne Handgriff war anstrengend und überall eckte ich mit dem Rollstuhl an, denn die Zimmer waren ja nicht gerade rollstuhlgerecht.

Täglich suchte ich Zuflucht im Aufenthaltsraum morgens gegen halb neun Uhr, da war ich immer allein und konnte die schöne Aussicht auf die Ostsee ganz für mich allein, ungestört im Rollstuhl auf mich wirken lassen und genießen.

Nur dort konnte ich seelisch auftanken.

Lang hielt ich es im Rollstuhl sitzend nie aus.

Immer lieber und schneller wollte ich zurück ins Bett.

Bis sich 2 Schwestern gefunden hatten, die sich meiner annahmen, dauerte es oft lang. Oft sagten die Schwestern, ich müsse viel länger im Rollstuhl sitzen bleiben... ob ich dazu in der Lage war schien dabei kaum zu interessieren.

Das machte mich wirklich wütend.

 

 

Das Aufsetzen am Bettrand wurde die 1. Male ungünstigerweise auch noch immer von der operierten Seite her gemacht, mir wurde erst später klar, dass es viel besser wäre wenn ich mich auf meine nicht operierte Seite legen konnte, um schmerzfreier hochzukommen. Das war ein kleiner Umweg für die Schwester mit dem Rollstuhl....aber in Zukunft achtete ich darauf, dass der Rollstuhl immer an der unoperierten Seite bereitstand.

Nicht viele Schwestern kannten sich gut mit dem Halo-Prozedere aus und einige trauten sich gar nicht, mich aus dem Bett in den Rollstuhl zu heben.

Die Hauptarbeit bestand darin mich am Kopf zu fassen mit beiden Händen und einen Zug nach oben auszuführen, während ich mich aufrichtete an der Bettkante zum Sitzen kam und dann aufstand und mit einer Vierteldrehung zum Rollstuhl langsam hinsetzte, während eine andere Schwester mich einhängte im Rollstuhl-Gewichtszug.

 

Anfangs war das Zusammenspiel mit den Schwestern gar nicht gut.

Es gefiel mir immer besser, wenn der Physiotherapeut kam und das Umsetzen mit mir machte. Er hatte eindeutig die bessere Technik und strahlte viel mehr Sicherheit auf mich aus. Da lief das alles wie am Schnürchen, denn er verwendete immer Kommandos, so dass ich immer wusste was zu tun ist ohne Panik entwickeln zu müssen. Die Ängste und Unsicherheiten mancher Schwestern übertrugen sich direkt auf mich und mehrmals wurde ich recht unsanft und grob umgesetzt... einmal brach ich nach so einer Aktion in Tränen aus. 

 

Nach einigen Wochen sprach ich mich darüber bei einer der nettesten und vertrauensvollsten Schwestern darüber aus...  ich muss oft lange warten bis ich umgesetzt werde, halte das nicht immer aus, habe Schmerzen und Angst etc.

Daraufhin sprach die Schwester das Thema bei allen Schwestern der Station an und die nächsten Wochen (es waren ja letztendlich ganze 6 Wochen) lief das auch besser als vorher. Es wurden feste Zeiten mit mir ausgemacht, zu denen ich umgesetzt wurde und die Kommandos wurden besser benutzt und Drückeberger gab es auch kaum noch.

 

Vom Rollstuhl wurde ich meist direkt in den Gehwagen umgesetzt.

Nachdem ich das ein paar Mal geübt hatte mit dem Physiotherapeuten ging das auch. Phil wurde auch eingewiesen, wie er z.B. das Gewicht am Bett aushängen kann, wie er mich am Gehwagen einhängen kann und am Rollstuhl.

Nur meinen Kopf heben und Zug ausüben war Phil dann doch zu riskant, aber er half mit wo er nur konnte und entlastete die Schwestern.

 

Ich wurde sowohl von den Schwestern als auch den zahlreichen Mitpatienten um meinen Freund ganz ordentlich beneidet. Phil erntete viel Lob von allen Seiten, weil er mir half und bei mir war und sich um mich wirklich liebevoll kümmerte.

 

Jeden Tag wurden meine 4 Pins am Kopfring desinfiziert und mit einer Salbe behandelt, damit sich nichts entzünden konnte um die Pinstellen. Ich hatte Glück es entzündete sich nichts. Alle 3-4 Tage mussten die Schrauben/Pins nachgezogen werden mit einem Drehmomentschlüssel, dazu kam dann immer ein Assistenzarzt oder Facharzt wer gerade Zeit hatte.

Einmal kam ein Arzt am Abend es war schon 20 Uhr und wollte mir die Schrauben nachziehen.....hatte er tagsüber vergessen... ich hab ihn so angefahren, dass er rückwärts wieder zur Tür raus ist und nur meinte, okay, okay dann geh ich halt wieder, wenn es Ihnen jetzt nicht passt.

Will er mir doch am Abend noch die Schrauben nachziehen, wo ich froh bin wenn ich den Abend und die Nacht überhaupt irgendwie rumbringe.

Das kann er bei Tag machen, wenn ich sowieso unterwegs bin und abgelenkt.

Nach dem Schrauben anziehen sitzt alles so stramm, dass es einige Stunden dauert, bis man sich an die strammgezogene Situation gewöhnt hat.

 

Im Gehwagen absolvierte ich täglich eine halbe Stunde Lauftraining am Vormittag und Nachmittag. So schritt ich jeden Tag die Magistrale auf und ab.

Dabei kam ich sehr leicht ins Gespräch mit den wenigen anderen Halo-Patienten, einem 15jährigen Mädchen und einem 7jährigen Buben und deren Mütter.

Durch den auffallenden Kopfring und den ausladenden Gehwagen standen wir 3 Halo-Träger schnell im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der anderen Patienten und deren Besucher.

Erstaunte, neugierige und verschämte Blicke waren an der Tagesordnung und ich gewöhnte mich sehr daran.

Ich wurde oft angesprochen von interessierten Patienten und Besuchern und erklärte gern den Sinn und Zweck des Halo. Nach dem Lauftraining war ich immer erschöpft und wollte schnell ins Bett zurück. Nur im Bett fühlte ich mich einigermaßen wohl.

Da der Zug aber im Liegen nur halb so stark war, als im Sitzen oder Gehen, musste ich versuchen die Zeiten im Rollstuhl und im Gehwagen so gut es eben ging zu verlängern. Das Liegen brachte mir also keine gute Streckung ein, sondern nur das Sitzen und noch besser das Laufen im Gehwagen. Der Gehwagen war mir am liebsten.

 

Zum Mittagsessen musste ich wieder vom Bett in den Rollstuhl gesetzt werden und selbständig essen. Für viele ist selbständiges Essen nicht der Erwähnung wert, aber wenn man den Kopf nicht nach unten senken kann, um zu sehen was auf dem Teller liegt und dem Besteck, dann ist das schon eine Herausforderung.

Zum Glück hatte ich vor 10 Jahren einmal in der Reha eine Prismenbrille gekauft, die jetzt erst spät zu vollen Ehren kam. Diese Prismenbrille erlaubte es mir im Liegen zu Lesen mit dem Buch auf den Oberschenkeln sowie im Sitzen zu Essen, ohne mich zu bekleckern. Auf der ganzen Station war ich die einzige Patientin und auch die 1. Patientin die so eine Prismenbrille mitbrachte und wurde von Schwestern und Ärzten gleichermaßen erstaunt darüber immer wieder angesprochen.

(Als ich aus der Klinik entlassen wurde, vererbte ich die Prismenbrille der Station.

Die Schwestern wollten daraufhin ein paar dieser Brillen für ihre künftigen Halo-Patienten anschaffen.)

 

Nach dem Training im Gehwagen klingelte ich nach Schwestern die mich ins Bett legen konnten. Das dauerte immer, weil die Schwestern gerade dann immer Mittagspause hatten. Im Bett ruhte ich mich aus bis zum frühen Nachmittag da kam der Physiotherapeut und mobilisierte mich wieder, d.h. ich lief dann noch mal im Gehwagen eine halbe Stunde oder länger die Magistrale auf und ab, dann wieder kurze Zeit im Rollstuhl... und wieder zurück ins Bett....ausruhen bis zum Abendessen.

Es bürgerte sich bei mir so ein, dass ich im Bett liegend zu Abend aß, nur so bekam ich aus was runter.

 

 

Meist war ich vom Tagesprogramm so erschöpft und hatte keine Energie mehr wieder in den Rollstuhl zu sitzen, nur um Abendbrot zu essen und mir die Zähne zu putzen. Das machte ich dann alles im Liegen.

Außerdem war Phil meist bei mir und er belegte mir liebevoll das Brot.

Ich genoss es richtig von ihm versorgt zu werden, alle anderen Mahlzeiten bewältigte ich unter den beschriebenen Anstrengungen selbst. Ich werde auch nicht vergessen, wie er mir Joghurts und Puddings gekauft hat und mir einmal den Joghurt verfüttert hat wie einem kleinen Kind, das war zum Schreien komisch irgendwie und irgendwie auch nicht.

 

 

Alle paar Tage wurde gemessen, ob ich etwas gewachsen bin.

Die ersten beiden Wochen ergaben 8 cm Wachstum.

In den folgenden 4 Wochen wuchs ich nicht weiter.

Das war etwas frustrierend, ich dachte ich könnte noch 2 cm rausholen, aber mehr war nicht drin. Diese 4 Wochen waren dementsprechend unmotivierend, mein Alltag war tagein tagaus derselbe mit Halo und manchmal dachte ich, ich werde den Halo nie mehr los.

 

Eines Nachts hatte ich einen Traum, an den ich mich gut erinnern konnte.

Es war ein Alptraum, ich war gefangen in meinem Bett mit der Halo-Apparatur und konnte mich nicht bewegen, während die Klinik unter Wasser stand.

Alle konnten fliehen und sich retten, nur ich war hilflos dem Untergang ausgeliefert. 

 

Um einmal duschen zu können mit Halo, musste ich in ein anderes Zimmer verlegt werden, bekam also wieder eine neue Bettnachbarin (die 4. Bettnachbarin).

Mit ihr konnte ich mich richtig solidarisch erklären, ich lernte sie kennen als sie den 1. Tag in der Klinik aufgenommen wurde, sie kam auch wieder in unser Zimmer zurück nach der OP und ich bekam auch ihre Abreise mit, wir lernten ihren Mann kennen und ihre Kinder. Wir verstanden uns recht gut. Sie war seit 30 Jahren Schmerzpatientin und nahm Morphium-Pflaster und wurde über ein paar Wirbel versteift im Lws-Bereich. Wir beide teilten Freud und Leid und halfen uns gegenseitig, nicht alles schwarz zu sehen, sondern den Humor hervorzuholen, wann immer möglich.

 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

 

Weil es nur in wenigen Zimmern eine Halo Aufhängevorrichtung im Bad gab für  Dusche und WC blieb ich weiter in dem Zimmer.         

Ich weiß nicht mehr genau wann ich das 1. Mal Duschen durfte.

Gegen Ende der 2.  Woche kann das gewesen sein.

Von dem Moment an kam zu meinem täglichen Pensum alle 3-4 Tage jetzt noch das Duschen mit Halo-Vorrichtung im Bad hinzu. Was für ein Kraftakt das war, ist kaum zu beschreiben. Phil war das 1. Mal zumindest im Zimmer, als ich duschen mußte, ich war froh.

Eine Schwester musste mich von den Stützstrümpfen befreien und mir meinen Schlafanzug ausziehen. Vor jedem Duschgang mussten über die dicken Verbände am Rücken und der Seite mehrere große Duschpflaster geklebt werden.

Das Duschpflaster war absolut wasserdicht und wurde nach dem Duschen mitsamt den Verbänden herunter gezupft und komplett abgezogen (das klebte nur zu gut im feuchten Zustand und ziepte ordentlich beim Ablösen).

  

2 Schwestern mussten mich vom Bett in den Rollstuhl und vom Rollstuhl auf einen Duschhocker setzen. Die Gewichte die hinter meinem Bett hingen, mussten ins Badezimmer getragen werden und wir stellten fest, das die Gewichte nicht ausreichten um mich auf dem Duschhocker aufrecht zu halten.

Panik und Angst machten sich bei mir breit, ich dachte ich sacke in mich zusammen, ich zog selbst verzweifelt an dem Stahlseil damit ich einigermaßen aufrecht saß, bis dann endlich die nötigen zusätzlichen Gewichte herbeigeschafft waren und ich konnte loslassen. Ich hatte noch keinen Tropfen Wasser auf der Haut und war schon erschöpft. Dabei hatte ich nur Unterhose und Unterhemd an und ich begann zu frösteln. Das 1. Duschen empfand ich als sehr unangenehm, das Prozedere war für mich beängstigend und anstrengend. 

 

 

Als ich fertig war mit dem Duschen, musste ich von einer Schwester an Rücken, Beinen und Fußspitzen abgetrocknet werden. Es wurde bei jedem Duschgang extra für mich eine Schwester für diese Pflege abgestellt. Anschließend musste ich von der Duschaufhängung ausgeklinkt werden. So ganz nackig wollte ich aber nicht in den Rollstuhl sitzen und die Schwester reichte mir eine Unterhose die ich dann ab Kniehöhe selbst anziehen konnte und legte mein Badehandtuch auf den Rollstuhlsitz. Dann wurde ich in den Rollstuhl umgesetzt und konnte das Unterhemd und ein Schlafanzugoberteil übergezogen werden, die vorher beide an der Rollstuhl-Aufhängung Überkopf aufgefädelt wurden. Das war eine hübsche Denksportaufgabe für uns, wie herum aufgefädelt werden musste dass ich dann richtig herum angezogen war. Danach war ich mehr als erschöpft. Die Energie zum Haare fönen, oder Eincremen hatte ich nicht mehr, ich wollte nur noch ins Bett zurück so erschöpft war ich.

 

Mein Kreislauf ließ mich regelmäßig im Stich, mir wurde schwindelig und schwarz vor Augen, ich sah auch schon Sternchen. Das Wasser war warm und die feuchte Hitze staute sich im Bad... ich hatte immer Angst wenn ich diese Kreislaufprobleme bekam und ich bekam sie beim Aufsitzen vom Bett, beim Hinstehen und unter der Dusche.

Ich sollte immer jemandem fest in die Augen schauen oder nach oben schauen und die Hände nach oben ausstrecken und damit hin und her wedeln.

Frische Luft und etwas gezuckerten Saft zum Trinken halfen dabei nicht gleich bewusstlos zu werden. Phil nahm immer etwas Saft mit, wenn wir mit dem Gehwagen unterwegs waren zur Sicherheit, falls mir schwummrig wurde.

 

Bis sich nach dem Duschen wieder eine 2. Schwester gefunden hatte, die mich ins Bett bringen konnte musste ich auch warten....endlich im Bett aber mit nassem Haar.... egal. Im Bett wurde dann noch das Duschpflaster abgezogen und frische Verbände angebracht. Zum Schluss noch die Schlafanzughose angezogen und ich konnte mich ausruhen. 

 

Alle 3-4 Tage wurde ich gefragt ob und wann ich duschen möchte, es musste dann eine Schwester extra zum Duschen für mich abgestellt werden.

Mit jedem Duschgang gewann ich mehr Sicherheit.

Es kam der Tag, an dem ich mir allein die Haare waschen, mich einseifen und abtrocknen konnte (bis auf die Füße, dafür benötigte ich immer eine Schwester).

Sogar die Energie zum Haare fönen hatte ich  (obwohl das immer noch sehr anstrengend war). Die Rundum Pflege wurde immer weniger, es genügte nun mich ins Bad zu hängen und mich nach dem Duschen nur wieder in den Rollstuhl zu 

setzen. Das war schon ein kleiner Fortschritt. Die kleinen Fortschritte erscheinen einem aber nicht klein, es waren Meilensteine.

 

So sah also mein Alltag aus, tagein tagaus wiederholten sich die Tage im gleichen Rhythmus.

 

Meine längste und vertrauteste Bettnachbarin wurde am 16.11. vormittags aus der Klinik entlassen. Am 17.11. kam die 5. Bettnachbarin in mein Zimmer, eine 12jähriges Mädchen, die von ihrer Mutter begleitet wurde. Dieses Kind trieb mich fast in den Irrsinn, die Schwestern wurden von ihr gegängelt und nach Strich und Faden an der Nase rumgeführt. Dieses Kind machte ein großes Theater und schrie und jammerte so penetrant vor lauter Schmerzen, das bald alle durchschauten, das zuviel Theater dabei war. Eine nervenaufreibende Zeit für mich und die Schwestern. Das Kind sah von morgens bis abends Kinderfernsehen anstatt zu üben wieder auf die Beine zu kommen. Trotzdem Theater konnte sie nach 10 Tagen entlassen werden. 

 

 

Kapitel 4  

2. OP (geplant am 17.11.2004):

 

Diese OP war in der 4. Woche meines Klinikaufenthalts geplant.

Mit ihr sollte die Wirbelsäule per Implantat versteift und der Halo-Kopfring entfernt werden. Auf sie hatte ich hingefiebert, es war sozusagen mein Endziel, das ich ungeduldig herbeisehnte, damit alles endlich zu einem Abschluss kommen konnte. 

 

Einen Tag vor der OP hieß es in der Visite ich hätte einen erhöhten Entzündungswert im Blut von 9 und der Professor müsste in der Chefarztvisite entscheiden was zu tun sei. Ich wurde für die OP vorbereitet. Auf dem OP Plan war ich für 10 Uhr morgens eingetragen. Der nächste Morgen kam, ich erwartete die 2. OP.

Plötzlich kam eine Schwester und sagte sie sollte mich zum Röntgen bringen.

Der Arzt meinte ich könne im Gehwagen selbst zur Röntgenabteilung gehen.

Die Schwester (ein wirklicher Schatz) wusste aber das ich das in meinem Zustand nicht bewältigen könne und so wurde ich im Bett zum Röntgen gefahren und die Schwester folgte mit dem Gehwagen in die Röntgenabteilung.

 

Beim Röntgen musste ich aus dem Bett in den Gehwagen, die Schwester half mit dem Zug am Kopf und jemand von der Röntgenabteilung klickte mich in den Gehwagen ein und so wurde ich geröntgt ... kurz vor Ende des Röntgens jedoch  klappte ich im Gehwagen zusammen, verlor komplett das Bewusstsein.

Als ich wieder zu mir kam hörte ich viele Stimmen wild durcheinander reden und bekam nur mit wie mich viele Hände trugen und mich ins Bett legten.

Im Bett erst kam ich wieder zu vollem Bewusstsein. Es war mir so peinlich, ich lächelte und entschuldigte mich für die Unannehmlichkeiten bei allen.

Wie fühlte ich mich? Beschissen, ehrlich gesagt, ich sollte operiert werden und dann passierte so was, ein Zusammenbruch, ein Black Out.  

 

Aufgrund der Röntgenbilder wurde festgestellt, das ein Schatten auf der Lunge zu sehen war, es musste Wasser in der Lunge sein, das sich nach dem 1. Eingriff dort gesammelt hat und vom Körper nicht abgebaut werden konnte.

  

Wenn ein Mensch einen Entzündungsherd im Körper hat und operiert wird, läuft er Gefahr, das diese Entzündung sich im ganzen Körper ausbreitet und das kann dann tödlich enden.

 

Daher kamen also die erhöhten Entzündungswerte im Blut.

Daraufhin teilte mir am späten Vormittag endlich ein Arzt der Chirurgie mit, dass ich heute auf keinen Fall operiert werden könne.

Es sei zu gefährlich, die Entzündungswerte müssten erst zurückgehen.

 

Ein Oberarzt für Internistik (ein sehr sympathischer Arzt) erklärte mir dann am Nachmittag es müsse ein Ultraschall gemacht werden und die Lunge punktiert werden, um das Wasser zu entfernen und mikrobiologisch zu untersuchen.

 

Ich war wirklich am Ende mit meinen Kräften psychisch und physisch.

So eine große Enttäuschung.

Ich dachte bald hab ich alles hinter mir und jetzt zog sich alles weiter in die Länge, ich hatte keine Geduld mehr und am Ende konnte ich diesen Frust nur noch über viele Tränen zum Ausdruck bringen.

Phil und meine Eltern wussten noch nicht, das die 2. OP nicht stattfinden konnte.

Ich musste unbedingt anrufen, sonst wäre er mich nicht besuchen gekommen (er nahm ja an ich liege dann auf der Intensiv und wir hatten vereinbart, das er erst am nächsten Tag kommen solle).   

Ich hatte mein Telefon aber für die Zeit der OP und den Intensivaufenthalt abgemeldet, um Geld zu sparen. Was für ein Dilemma.

 

Eine Schwester arrangierte für mich einen Telefonanschluß.

Die liebe Schwester war so nett und hat 10 EUR fürs Anmelden ausgelegt und ich musste nichts bezahlen, obwohl ich es anbot.

Sie war glaube ich auch nicht einverstanden mit der Art und Weise wie das an dem Tag abgelaufen war. Das war keine guter Zug von den Ärzten so kurz vor 12 Uhr die OP abzusagen, das hätte man früher und besser abklären und kommunizieren können. Keine gute Art, einen Patienten so hinzuhalten...in dieser sowieso angespannten Situation. Naja ich schrieb entsprechend viele Verbesserungsvorschläge an die Klinik und gab die zum Schluß ab.

Als ich Phil in der Ferienwohnung anrief konnte ich auch nur noch Weinen am Telefon, weil ich so traurig war.

Der einzige Lichtblick an diesem schlimmen Tag, war sein Besuch und Beistand.

Danach informierte ich auch meine Eltern, damit sie sich darauf einstellen konnten. Eine Situation, die ich keinem wünsche.

 

Von nun an bekam ich 3x täglich 2 Wochen lang Antibiotika Infusionen. 

Es musste ein Venenzugang gelegt werden.

 

Der Klinik-Alltag und mein Tagesprogramm machten mich mürbe, nichts ging voran, ich sah nur Stillstand und Rückschritte. Meine Moral und Motivation waren ganz unten.

 

Der Zugang in der linken Ellenbeuge wurde von einem Arzt gelegt, der auch an der WS operierte, ich hab den Einstich nicht gespürt und konnte über eine Woche lang benutzt werden für die Infusionen. Dann begann die Nadel wehzutun und um den Einstichbereich fing es an zu brennen und die Vene wurde hart...also irgendwann ging dann nichts mehr durch die Vene sondern daneben und ich bekam in der rechten Ellenbeuge einen neuen Zugang gelegt, der bis zum Schluß verwendet wurde. 

 

Es war mit der Zeit auch nicht mehr so einfach bei mir Blut abzunehmen, einmal stocherte ein Assistenzarzt minutenlang in einer Vene rum, dass ich einen großen blauen Fleck an der Stelle bekam und es tat verdammt weh, dass ich ihn anfuhr: „jetzt reicht es aber...“

Er hörte dann auf mit dem Rumstochern und meinte: „na ja mal sehen, vielleicht reicht ja das was ich bisher im Röhrchen habe“...

Wenig später kam dann ein anderer Arzt, der mich weiter piekste, bis das Röhrchen voll war...

 

Der Termin beim Internisten für Ultraschall und Punktion stand an und ich war entsprechend nervös und sehr ängstlich, ich hatte von einer anderen Patientin  Horrorgeschichten bezüglich einer bei ihr durchgeführten Punktion gehört.

Hat nicht dazu beigetragen, mir etwas die Angst zu nehmen im Gegenteil.

 

Als es dann doch soweit war, wurde ich im Bett zum Ultraschall-Raum gefahren.

Der Oberarzt für Internistik höchstpersönlich nahm die Punktion vor und betäubte lokal mit einer Spritze die Stelle unter dem linken Schulterblatt. Ein weiterer Arzt assistierte ihm. Der Oberarzt verstand sein Handwerk. Ich hatte keine Höllenschmerzen bei der Punktion.

Es war eine lange Nadel die eingeführt wurde und immer tiefer gestochen wurde, bis die Nadel so lag, dass die Flüssigkeit abgezogen werden konnte. Das alles dauerte keine 5 Minuten. Die Flüssigkeit war frei von Blut und war ein gutes Zeichen, wie mir der Arzt auf meine Nachfrage bestätigte. Ich war so froh, als ich auch das hinter mir hatte. Diese Flüssigkeit wurde anschließend zur Laboruntersuchung auf Mikrobakterien geschickt und der Arzt meinte, wir müssten erst die Laboruntersuchungsergebnisse abwarten, bevor ich Grund zur Freude hätte.

Aber die Erleichterung stand mir ins Gesicht geschrieben und grinsend wartete ich darauf wieder von einem Pfleger abgeholt zu werden.

 

Nach 2 Wochen Antibiotika waren meine Entzündungswerte dann endlich unten bei 1. Es konnte jetzt endlich wieder operiert werden.

 

 

Kapitel 5  

2. OP am 01.12.2004:

 

Die OP dauerte 5 Std. (von ca.10 Uhr bis 15 Uhr)

 

Dorsale Instrumentationskorrekturspondylodese mittels Micomed posteriorem Doppelstabsystem Th4-L5.

Beckenkammspongiosaentnahme rechts dorsal.

 

Die OP verlief komplikationslos.

 

 

Auf der Intensivstation lag ich diesmal aber in einem großen Aufwachraum, mit 4 anderen Patienten zusammen und machte diesmal richtiges Theater, weil ich mich nicht gut betreut und mit Schmerzmitteln versorgt fühlte.

Da bekam ich dann zu hören, das es mir ja wohl nicht so schlecht gehen könne, wenn ich mich beklagen könne.   

 

Der Aufenthalt auf der Intensivstation war diesmal Gott sei dank wieder relativ kurz, so kurz dass Phil mich wieder auf Normalstation besuchen konnte.

 

Ich kam nun wieder in ein neues Zimmer, aber leider nur für ein paar Tage zusammen mit meiner 6. Bettnachbarin, einer älteren, sehr sympathischen Dame, die immer alles positiv sah und einen gewissen Pragmatismus verbreitete und sich gerne unterhielt. Sie kam mich später immer besuchen zu einem kleinen Schwätzchen. Eine liebe Dame.

Es dauerte also nicht lang und ich musste kurz drauf schon wieder in ein anderes Zimmer umziehen, das war dann das letzte Zimmer, die letzte 7. Bettnachbarin, die ich in meiner Klinikzeit kennen lernte, eine iranische Frau, die sehr ruhig war.

Die nächste Woche verbrachte ich damit mich von der 2. OP zu erholen, wieder auf die Beine zu kommen und diesmal alles ohne Halo, der Kopfring war weg, das war eine Freude und Motivation für mich, wieder mein Bestes zu geben und zu trainieren.

 

Kein Halo mehr, kein Halo mehr.

 

Es war schon sehr schön, jetzt brauchte ich keine Hilfsmittel mehr außer einen Gehwagen mit Bremsen und ich konnte selbständig auf die Toilette gehen.

Die intensive Pflege durch die Schwestern entfiel fast völlig, ich konnte vieles jetzt allein, das waren Fortschritte. Das Sitzen ging noch gar nicht gut, nur auf sehr hohen, abgeschrägten Hockern, aber nur für ganz kurze Zeit.

 

Ich war noch sehr schwach und erschöpft, aber hatte das Gefühl von nun an kann es nur aufwärts gehen...   ich hatte ja das Ende des Klinikaufenthalts vor Augen und freute mich darauf nachhause zu kommen.

 

Dann kam der nächste Dämpfer.

Am 08.12.2004, am späten Nachmittag (so gegen 16 Uhr) erfuhren wir von der 3. OP.

 

Eines sollte man als Patient wissen und nicht voraussetzen:

Die Ärzte informieren in der Regel nicht sooooo ausführlich, sondern eher prägnant. Detaillierte Informationen die meinen Zustand betrafen z.B. nach den Operationen, zum Verlauf der Operationen, zur Medikation, etc.  werden nicht freiwillig abgegeben. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist immer eine Holschuld auf Seiten des Patienten, keine Bringschuld des Arztes. Der Patient soll halt fragen, wenn er was wissen will.

 

Das gilt auch für die oft fehlende Kommunikation zwischen Arzt und Schwester.

 

Ein Beispiel:  

Die Schwestern wussten nicht, das ich erneut operiert werden sollte.

 

Sie erfuhren es von mir, dem Patienten.

 

Mir wurde einfach mal so am späten Nachmittag vom Arzt auf dem Flur mitgeteilt, dass ich noch ein 3. Mal operiert werden müsse... morgen früh!

So geschehen, ich hab zwei Augen- und Ohrenzeugen dabei gehabt.

Phil und mein Physiotherapeut waren gerade dabei mit mir eine Runde zu laufen und stützten mich links und rechts etwas dabei, denn noch konnte ich freihändig nicht allein gehen.

Da sehe ich den Arzt, der mich operiert hat von hinten, gerade im Begriff hinter einer Tür zu verschwinden und spreche ihn vor lauter Freude, die 2. OP glücklich und gerade überstanden zu haben, an:

„Hallo Doktor, da haben sie aber sehr gute Arbeit geleistet bei mir oder? Es geht mir gut, ich trainiere fleißig um wieder auf die Beine zu kommen, vielen Dank dafür“ und daraufhin teilt er mir mit, dass ich noch mal operiert werden muss.

Ungläubig sage ich: „Sie nehmen mich jetzt wohl auf den Arm oder?

Das kann doch nicht sein, gestern war doch Chefarztvisite, da hat der Chefarzt nichts zu mir gesagt, wieso hat er da nichts zu mir gesagt? Das muss er doch auf dem Röntgenbild gesehen haben...?“

Der Doktor sagt: „Doch das ist mein voller Ernst, wir müssen noch mal operieren, gleich morgen früh, eine Schraube ist ausgerissen, die müssen wir durch eine längere und stärkere Schraube ersetzen, sonst ist das gesamte Implantat instabil, dauert nicht lang, max. 1. Std., das ist eine Kleinigkeit und sie sind schnell wieder auf den Beinen.“

 

Das war ein Schlag mitten ins Kontor, meine beiden Begleiter und ich konnten es kaum glauben.

 

Phil suchte daraufhin wutentbrannt (vielleicht nicht der Beste Zeitpunkt zum Gespräch) das Gespräch mit dem Chefarzt um sich bei ihm zu beschweren. Der Chefarzt behandelt Phil etwas von oben herab und verweist ihn an den operierenden Arzt, denn es sei immer die Sache des operierenden Arztes die Röntgenbilder zu beurteilen. Der könne das am besten, der operiert hat (leuchtet mir ja auch ein). Also spricht Phil mit dem Doktor der mich operiert hat und der behauptet doch noch er sei gerade auf dem Weg zu mir gewesen, um es mir zu sagen. Das machte Phil nur noch wütender, denn wir sahen ja das dem nicht so war, als er hinaus wollte ins Treppenhaus (weg vom Stationsflur auf dem mein Zimmer lag). Schon komisch, auch da ist man dann als Patient machtlos, wenn Ärzte sich so verhalten. Aber wie gesagt, fachliche Kompetenz und menschliche emotionale Intelligenz sind 2 Paar Stiefel. Welcher Arzt gibt schon gern zu, daß er etwas vergessen hat...

 

Kapitel 6  

3. und hoffentlich letzte OP am 09.12.2004 (1 Std.):

 

Revision dorsal zur Schraubenkorrektur L5 links.

 

OP verlief komplikationslos.

 

Am Nachmittag war ich die einzige Patientin in der Aufwachstation, ich kam nicht auf die Intensivstation und konnte gleich nach dem Aufwachen wieder auf die Normalstation verlegt werden, was war ich froh.

  

Ich kam wieder zu meiner iranischen Bettnachbarin zurück und 8 Tage später war ich soweit, ich durfte nachhause, kaum zu glauben aber wahr. Nach 8 Wochen in der Klinik konnten wir endlich nachhause reisen. 

 

Am 17.12.2004 wurde ich mit 64 Grad im BWS und mit 70 Grad im LWS Bereich aufgerichtet entlassen.

 

Vor den Operationen betrugen meine Verkrümmungswerte über 90 im BWS und 100 Grad im LWS Bereich. Der Entlassungsbericht beurteilte meine Grade in der BWS zwar nur mit 75 Grad, aber ich hatte schon vor 10 Jahren mehr als 80 Grad in der BWS, ich weiß nicht wer da evtl. die Gradzahlen nicht richtig berechnet hat.

 

Die Schmerzen in der Lws-Gegend, die ich vor der OP ständig hatte, bestehen nicht mehr. Der ausgeprägte Lendenwulst ist so abgeflacht worden, dass ich das Ergebnis immer wieder bestaune und nicht fassen kann, der Buckel ist weg. Der Rippenbuckel der BWS ist nach wie vor ausgeprägt, aber man kann nicht alles haben, mehr Aufrichtung war einfach nicht drin und ich kann zufrieden sein mit dem Ergebnis.

 

Die Zeit der Rehabilitation zuhause hält an, ich gehe 2x die Woche zur KG und mache kräftigende symetrische Übungen mit dem Physioband und fahre 15 min. auf dem Heimtrainer zum Aufwärmen. Stück für Stück mache ich kleine Fortschritte, jetzt ist Juni und ich kann ca. 30-45 min. am Stück sitzen, max. 4 Std. unterwegs sein, bevorzuge aber 2,5 Std., ich will nicht übertreiben, tue aber manchmal mehr als mir gut tut. Ich bekomme dafür die Quittung aber postwendend im Gegenzug, mein Körper zeigt mir die Grenzen.

 

Seit 15. Juni hab ich versuchsweise mit der Arbeit begonnen und gehe 3x wöchentlich für 2 Std. täglich zur Arbeit, es tut gut wieder unter Menschen zu sein und gibt mir einen tollen Antrieb und Auftrieb. Psychisch geht es mir heute gut, ich bin motiviert und freue mich an meinen Fortschritten.

 

Zur Halbjahres-Nachuntersuchung müsste ich nach Neustadt fahren, da ich das aber nicht kann (800 km Entfernung), wird mein Orthopäde vor Ort digitale Röntgenbilder von mir aufnehmen und zur Begutachtung nach Neustadt senden.

Am 11. Juli 2005 werden diese Aufnahmen gemacht, bis dahin...ich werde weiter berichten.... 

 

Silviale im Juni 2005 

 

 

Es war nicht gerade einfach eine Radiologie zu finden, die in der Lage ist eine Gesamtaufnahme der WS in 2 Ebenen anzufertigen. Nach etlichen Telefonaten fand ich die Radiologie in Harlaching beim Orthozentrum.

Am 26.07.2005 wurden die richtigen Aufnahmen gemacht, ich mußte nicht lange warten und die Aufnahmen wurden sehr professionell gemacht.

Es stellte sich heraus, daß die Schraube L5 die schon einmal locker war nach der Versteifungs-OP, nun schon wieder locker war und ich eine Pseudarthrose hatte, die den Druck auf die WS ausübte, bzw. meine Schmerzen verursachte.

Pseudarthrose= Fehlgelenkbildung / Es findet keine ordentliche Fusion statt, Schmerzen entstehen (nur operativ zu beheben).

 

Der Schreck vor einer erneuten Operation saß mir in den Gliedern und ich mußte schnell reagieren. So telefonierte ich mit Neustadt und machte einen Ambulanztermin aus. Gottseidank konnte ich schon am 28.07. um 8.00 Uhr in der Früh einen Ambulanztermin bekommen.

Jetzt überschlugen sich die Dinge geradezug, wir mußten einen Flug buchen, eine Unterkunft etc.

 

Am 27.07. flogen wir nach HH und fuhren mit dem Taxi nach Neustadt, meine Schmerzen waren sehr stark und selbst die Oxygesic Tabletten kamen nicht dagegen an. Es war furchtbar.

Dann noch eine Nacht überstehen und am 28.07. in aller Früh fanden wir uns in der Ambulanz in Neustadt ein. Wir waren wie gelähmt, wie in Trance, das konnte doch wohl nicht wahr sein...alles kam wieder hoch...

 

Zum Glück konnte ich gleich im Krankenhaus bleiben, es konnte so auf die schnelle noch ein Bett in der Spritzenstation (unter Station 40) für mich organisiert werden.

Für Phill mußte ich weitere Übernachtungen im Hotel reservieren, alles nicht so einfach in der Hauptsaison an der Ostsee, aber es klappte, wir hatten noch Glück im Unglück.

 

Nach der Aufnahme wurde ich untersucht und ich bekam 2 Spritzeninfiltrationen in die LWS, mit einem leichten Betäubungsmittel, daß mir für die nächsten Stunden sehr gut half, ich hatte Erleichterung für diese Zeit.

 

Das Wochenende verbrachte ich im Krankenhaus, am Montag, den 1. August 2005 wurde ich zum 4. Mal operiert, in 4 Stunden. Es wurden die Schrauben unten in der LWS herausgenommen und die Stäbe bis zur Th12 gekürzt. Neues Knochenspan wurde diesmal aus der linken Hüfte entnommen und aufgefüllt.

 

Es verlief alles problemlos, ich kam nicht auf Intensiv, sondern in den Aufwachraum.

 

Von da an durfte ich nicht mobilisiert werden sondern lag 1 1/2 Wochen nur im Bett, da ich nur liegestabil war.

Es mußte ein Korsett angefertigt werden, das konnte nur geschehen, wenn ich es schaffte für 10 Min. aufrecht zu stehen ohne ohnmächtig zu werden. Mein Kreislauf war nach dem langen Liegen mal wieder im Keller.

Am 5. August konnte eine Gipsanprobe gemacht werden, es ging auch ganz schnell, war aber sehr anstrengend.

Am 10. August bekam ich mein Korsett und am 15. August wurde ich aus der Klinik entlassen.

 

Da wir keinen Flug am 15. bekamen, mußten wir notgedrungen bis zum 16. August wieder ins Hotel. Am 16. fuhren wir mit dem Taxi nach HH und flogen nachhause, nach 5 Stunden waren wir zuhause angekommen. Furchtbar anstrengend für mich noch mit Wundschmerzen und Korsett, ich war fix und foxi....aber froh wieder zuhause zu sein.

 

Mehr von mir, wenn ich wieder länger stehen kann um zu schreiben, fürs erste soll es reichen.

 

Gruß Silvia  6. Oktober 2005      

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vorbemerkung der Autorin

 

Die persönlichen Erfahrungen schildern subjektiv und individuelle Erfahrungen der 37jährigen Autorin, die aufgrund einer hochgradigen (über 100° n.Cobb), 4-bogigen Skoliose alle alternativen Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft hatte. 24 Jahre später als letzte verbliebene Maßnahme zur Verbesserung der Schmerzen und der fortschreitenden Verkrümmung (Progression) blieb nurmehr die OP.

 

Diese Erfahrungen sind sehr speziell und können somit nicht verallgemeinert werden. Jede Skoliose ist unterschiedlich in Ausprägung und Form. Manche Skoliosen können mit der Hilfe der richtigen Gymnastik und/oder richtigen Korsettbehandlung kontrolliert und verbessert werden, sofern die Skoliosen früh erkannt werden und die Gymnastik sowie Korsettanpassung fachmännisch auf dem neuesten Erkenntnisstand der Technik angewandt wird.  

 

Die Autorin gibt hier ihre ganz persönlich empfundene physische und psychische Situation wieder. Die Ärzte und Schwestern im Klinikum Neustadt sind kompetente Vollprofis auf dem Gebiet der Skoliose-OP. Das Ärzte dafür bekannt sind, das menschliche vom fachlichen streng zu trennen, ist eine Notwendigkeit zum eigenen Schutz. Als Patient möchte man immer etwas mehr Mitgefühl und Verständnis vom Arzt und ist enttäuscht wenn das fehlt und man rein sachlich betrachtet wird. Letzten Endes zählt das erfolgreiche Ergebnis einer OP. Eine fachlich kompetente medizinische Behandlung. Die Streicheleinheiten holt man sich beim Partner, den Schwestern und Mitpatienten, den Leidensgenossen.

 

Die Absicht der Autorin ist es, einen ungeschönten Erfahrungsbericht bis ins kleinste Detail für alle Betroffenen und Interessierten weiterzugeben. 

 

Auf der Suche nach der richtigen Behandlung für eine Skoliose ist es vor allem wichtig, einen kompetenten Orthopäden an der Seite zu wissen, der sich ganz speziell mit Skoliose auskennt. Dies erfordert es womöglich innerhalb von Deutschland so einen Spezialisten aufzusuchen und diesen weiten Weg in Kauf zu nehmen. Es lohnt sich. Nicht jeder Orthopäde kennt sich gut mit Skoliose aus.

 

Es gibt im Internet ein Forum für Skoliose, Kyphose, Scheuermann etc. das ich hier empfehlen möchte, die Webseite lautet: www.skoliose-info-forum.de.

 

Kapitel 1  

16.10.2004 Fahrt nach Hamburg, Lübeck und Neustadt zur Ferienwohnung:

 

Wir reisten das 1. Mal mit einem Nachtzug von München nach Hamburg.

Das Gepäck war zahlreich und schwer, Phil schleppte alles allein.

Was er alles mitnahm, ich staunte nicht schlecht, Labtop, Drucker, Lampe und viele Bücher, das gab ihm Sicherheit vor evtl. aufkommender Langeweile und sollte der Ablenkung dienen, dafür hatte ich natürlich Verständnis.

Zum Bahnhof München fuhren wir mit einem großen Taxi-Kombi, da passte immerhin das Gepäck mit 4 Koffern in den Kofferraum.

Die Fahrt im Nachtzug war abenteuerlich.

Wenn man zum reinen Vergnügen in einem Nachtzug verreist und Wert auf eine Dusche legt, sollte man möglichst wenig Gepäck mitnehmen.

Wir mussten unser Gepäck in der engen Duschkabine stapeln. Wir wollten nicht duschen. Rückblickend würde ich nicht mehr mit einem Nachtzug verreisen.

Man kann nicht schlafen. Die Kabinen sind eng und beklemmend und die Betten unbequem. Man fühlte sich wie ein frisch geschüttelter Cocktail.

Wenn man dann wieder festen Boden unter den Füssen hat schüttelt es in einem weiter einige Stunden lang, dann erst lässt dieses Gefühl nach.

Das Positivste was dem Nachtzug abzugewinnen war, war das Frühstück im Speisewagen. Mit dem frühen Aufstehen hatten wir, wie viele andere Leute auch, keine Probleme.

 

Unsere Reise nach Neustadt fand einige Tage vor der stationären Aufnahme in die Klinik statt. Wir dachten es kann nicht schaden noch ein paar unbeschwerte Tage an der Ostsee zu verbringen, bevor es ernst wird. Ich glaube unter den gegebenen Umständen haben wir das Beste aus dieser Zeit gemacht. Es war meine Schonzeit vor dem großen Eingriff, die ich ausgiebig zu genießen versuchte.

 

In Hamburg angekommen, mit Gepäck einmal umsteigen in den Zug nach Lübeck.

In Lübeck noch Umsteigen in einen kleinen Zug der an der Ostsee entlang fuhr und uns zu unserer Endstation nach Neustadt brachte.

Am Bahnhof Neustadt angekommen riefen wir unsere Gastfamilie an und 10 Minuten später wurden wir herzlich empfangen, mit Autokombi zur Ferienwohnung gefahren.

Die Fahrt dauerte nur 15 Minuten vorbei am Klinikum (das ich noch ignorieren durfte). Die Ferienwohnung war gemütlich und groß. Wir ruhten uns von der langen und anstrengenden Reise aus. 

Dann erkundeten wir die Umgebung und versorgten uns mit den notwendigen Lebensmitteln und Getränken. Nicht weit entfernt lag die Ostsee, die uns zum spazieren gehen am Strand einlud. Das Ostseeklima tat uns beiden gut.

 

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Bus (die Haltestelle gleich vor der Tür) nach Neustadt hinein. Neustadt ist ein kleines Städtchen, hat einen hübschen Yachthafen, aber das war es dann auch schon.

 

Neustadt hatten wir aufgrund der Überschaubarkeit schnell erkundet.

 

Anderntags fuhren wir mit dem Zug nach Lübeck.

Eine sehr schöne Stadt, die Stadt aus der das Lübecker Marzipan stammt.

Das Holstentor und die Altstadt mit dem Markt hat uns sehr gut gefallen.

 

Die wenigen gemeinsamen Tage vergingen schnell.

Den Vorabend vor der Aufnahme in die Klinik ließen wir bewusst mit einem schönen letzten gemeinsamen Abendessen in einem Hotel in der Nähe ausklingen. Die Schonzeit war nun bald unwiederbringlich vorüber.

 

Kapitel 2  

Am 19.10.2004 stationäre Aufnahme in die Klinik

 

Nach dem gemeinsamen Frühstück in der Ferienwohnung packte ich meine Sachen für die Klinik zusammen in einen kleinen Koffer. Gegen Mittag fuhren wir zur Aufnahme mit dem Bus direkt in die Klinik. Nach der Aufnahme, wurde ich auf die Station gesandt und wartete im Aufenthaltsraum zusammen mit Phil bis mein Bett bezugsfertig war. Der Aufenthaltsraum diente mir später täglich als Zufluchtsort.

Von dort hatte man eine wunderbare Aussicht auf die Ostsee. Zimmer mit Ostseeblick hatte ich die ganzen 8 Wochen nicht. Ich bekam im Aufenthaltsraum ein Mittagessen serviert. Ich war so froh, das Phil dabei war. Ohne ihn hätte ich das nicht so tapfer durchgestanden, da bin ich ganz sicher. Es ist so wichtig eine vertraute Person zu haben mit der man das teilen kann.

Das Privileg, meinen Partner an meiner Seite zu wissen, wusste ich sehr wohl zu schätzen.

 

Nachdem ich in mein Zimmer gehen konnte, begann ich sehr zurückhaltend mich einzurichten...fast wie in Zeitlupe...nur nicht zu schnell, dachte ich, mach langsam, viel ist ja nicht zu tun, Koffer ausräumen und die Sachen in den Schrank räumen, die Toilettensachen ins Bad und fertig. Das kam mir alles ein wenig unwirklich vor, so als stünde ich neben mir und würde mich beobachten. Ich konnte nicht fassen, das es nun soweit war.

 

Es lag noch eine ältere Frau im Zimmer, die sich gerade von einer OP erholte.

 

Eine Schwester kam mit einem Fragebogen und stellte mir alle möglichen Fragen, ob ich ein Ei zum Frühstück möchte etc., ich fand das fast banal, angesichts der bevorstehenden OP, ich musste lachen bei diesen Fragen. 

 

Im Verlauf des Nachmittags wurden mehrere Untersuchungen gemacht (Messung der Lungenkapazität, EKG, Blutabnahme, Röntgen, 2 kräftige Männer zogen mich an Händen und Füssen auseinander, um im Röntgenbild die Aufdehnungsspielräume der Wirbelsäule in gestrecktem Zustand festzuhalten.

Dabei machten die Männer lustige Bemerkungen, es tat gut zu lachen. 

   

In der Wirbelsäulenambulanz fand danach ein 1. OP-Gespräch mit dem Arzt statt.

  

Aufgrund des Röntgenbildes stand fest, das sich bei mir eine OP nur lohnt, wenn ich über 3-4 Wochen eine Halo-Extension bekomme (das ist ein Metallring mit 4 Pins der am Schädelknochen festgeschraubt wird, unter ständigem Gewichtszug im Stehen, Sitzen und Liegen gehalten wird um Tag und Nacht die Wirbelsäule aufzudehnen und die Rückenmarksnerven vorsichtig mitzudehnen, so dass Lähmungserscheinungen vorgebeugt werden kann).

 

Im Februar 2004 beim Vorgespräch zur OP sagte ein Arzt noch eine Halo-Extension sei wahrscheinlich nicht nötig bei mir.

Also hatte ich mich mental auch nicht auf eine Halo-Extension eingerichtet. Das war ein richtiger Schock für mich, den ich erst mal verkraften und mit Phil besprechen und überlegen mußte. Nun hatte ich ein paar Minuten Zeit mir zu überlegen, ob ich die OP absagen oder der notwendigen Halo-Extension zustimme. Ich entschied mich dafür.

Das war die einzige Möglichkeit meine Wirbelsäule über einen längeren Zeitraum schonend aufzudehnen ohne das Rückenmark zu beschädigen und um überhaupt einen Aufrichtungserfolg zu erzielen. Es musste also sein.

 

Es brachte zwar unsere Zeitplanung bezüglich Phils Unterkunft völlig durcheinander, die Ferienwohnung wurde sofort im Anschluss so um den 12.12. herum schon wieder vermietet an die Mutter einer anderen OP-Patientin, die ich   dann auch noch persönlich kennenlernte in der Klinik später. Wir rechneten mit 4-5 Wochen Klinikaufenthalt Maximum. Das ich ganze 8 Wochen in der Klinik verbringen würde, wussten wir nicht.

 

Ich habe einige junge 15jährige Mädchen in der Klinik getroffen, die nach 2 Wochen Klinikaufenthalt schon nachhause gehen konnten.

Das ist der Idealfall, wenn die Wirbelsäule noch nicht so verknöchert ist, also bei jungen Menschen reicht meist eine OP, die Dauer der Rekonvaleszenz ist auch viel kürzer.  

Aber es gibt auch bei den 15jährigen Mädchen manchmal, wenn auch sehr selten  Probleme, die Ausfallerscheinungen nach der OP haben.

 

 

Aber nun erst mal weiter, ich bin immer noch beim 1. Kliniktag:

 

Es kam ein freundlicher Arzt der mich nochmals kurz untersuchte und umfassend über die Risiken der bevorstehenden OP aufklärte und alle Fragen die ich noch zur OP hatte, beantwortete. Danach leistete ich auf dem Aufklärungsformular noch meine Unterschrift.

 

Gegen Abend kam ein Anästhesist, der mich über die Vollnarkose und deren Risiken aufklärte und dem ich auch Fragen stellen konnte, auch er wollte meine Unterschrift.

 

Wenn man so intensiv auf alle möglichen Risiken aufmerksam gemacht wird, da schwirrt einem schon ganz schön der Kopf.

 

Zum Abendessen bekam ich keine feste Nahrung mehr, nur noch Brei und danach durfte ich nichts mehr Essen.

  

Später folgte eine Darmentleerung mittels Klistier. Das ist etwas ungewohnt und die Flüssigkeit oder das Gel kühl, aber nicht schmerzhaft. Bis 22 Uhr durfte ich nur noch Mineralwasser oder Tee trinken und meine Beruhigungspille einnehmen und danach dann auch nichts mehr Trinken.

 

Die Schwester kam noch mal mit einem OP-Hemd, einer Netzunterhose, einem Nassrasierer und einer kleinen blauen Plastikkiste mit Deckel für meine privaten Dinge, die ich auf die Intensivstation mitnehmen wollte.

 

Nachdem ich gegen 22 Uhr die Beruhigungspille eingenommen hatte, fiel ich irgendwann tatsächlich in Schlaf und wachte um 7 Uhr früh auf.

Ich konnte jetzt sowieso nichts mehr tun, alles nahm seinen Lauf.

 

 

Kapitel 3  

OP am 20.10.2004:

 

Die Schwester kam rein und schickte mich duschen, ich sollte mir die Achselhaare rasieren mit dem Nassrasierer.

Eine Schwester rasierte mir am Rücken entlang dort wo nachher der Schnitt gemacht wurde, die Härchen und ich zog das OP-Hemd an und die "schicke" Netzunterhose und wartete darauf zur OP abgeholt zu werden.

 

Ich war an diesem Tag, die 1. Patientin die operiert wurde. 

 

Ich bekam noch mal Pillen zur Beruhigung, die ich mit etwas Wasser schluckte. Mitsamt meinem Bett wurde ich dann zum OP-Vorbereitungsraum quer durch die Klinik gefahren und musste mich aus meinem Bett auf eine Art Edelstahl-Bahre legen. Das OP-Hemd musste ich nun ausziehen und so wurde ich in den Vorbereitungsraum hineingeschoben, wo ich von einem Anästhesisten mit einem Stich in den linken Handrücken ins Schlummerland verabschiedet wurde, mit den Worten ich solle jetzt mal an etwas sehr Schönes denken.

 

Das war das Letzte was ich mitbekam und ich war sogleich zu Gast im Schlummerland und schlummerte.

 

Die OP dauerte ca. 8 Std. (von ca. 8 bis 16 Uhr) und folgendes wurde gemacht:

Ventrodorsales Release mit Anlage einer Halotraktion

 

Die OP verlief komplikationslos.

 

Ich hatte viel Blut verloren, meine eigene Konserve war schnell verbraucht und ich bekam Fremdblut transfundiert, welches ich aber sehr gut vertragen habe.

 

Als ich auf der Intensivstation aufwachte, stand ich unter dem Einfluss der Schmerzmittelgaben und war sehr benommen. Ich bekam um mich herum fast nichts mit. Meine Wahrnehmung und mein Erinnerungsvermögen waren gestört.

Kein Mensch hat mit mir gesprochen. Ich lag da und alles was ich wahrnahm, war das Öffnen steriler Verpackungen.

 

 

Nebenan lag ein Mädchen namens Hanna, deren Mutter saß bei ihr und sprach mit ihr...mit mir sprach keiner...

 

.... ich war immer wieder komplett weg und wenn ich zwischendurch aufwachte,  versuchte ich mir klarzumachen, was geschehen war, dass ich operiert wurde und mich nicht bewegen konnte, ich war wie eingefroren...ich hatte große Schmerzen, aber immer wenn ich eine Spritze bekam wurden die Schmerzen vorrübergehend wie Wolken vom Wind langsam weggeblasen.

Ich wusste weder in welchen Abständen ich eine Spritze bekam noch was mir für ein Schmerzmittel gespritzt wurde. Ich wusste auch nicht wo das hingespritzt wurde.

Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht dass ich an einer Halsvene rechts einen Venenzugang hatte, in den die Schmerzmittel direkt eingespritzt wurden (erst später auf der Normalstation lernte ich, wo welche Schläuche und Zugänge tatsächlich lagen). Den Halo-Kopfring der mit 4 Pins an meiner Schädeldecke befestigt war, nahm ich auf Intensiv gar nicht richtig war, aber er war da und ich konnte den Kopf nicht bewegen.

 

Meine 1. richtige Wahrnehmung war als Phil mich auf Intensiv besuchen kam (am 21.10. gegen Mittag), ich sah nur verschwommen seine Umrisse und seine Kappe (ich hatte keine Brille auf, die lag noch in der blauen Plastikbox) aber ich spürte dass eine vertraute Person anwesend war, endlich, endlich...jemand der mit mir spricht.

So glücklich und erleichtert war ich als Phil mir seine Hand reichte.... und er mir etwas in die Hand hineinlegte... einen herzförmigen Handschmeichler .... den wollte ich am liebsten nicht mehr weglegen, ich war so froh das er mich besuchen kam.

 

Allerdings nicht lang, nach 15 Minuten Besuchszeit schickte ich Phil schon nachhause, denn ich fiel immer wieder in leichten Dämmerschlaf, betäubt und benommen von den Schmerzmitteln.

Die Nacht auf der Intensivstation verbrachte ich im Wechselbad des Wegdämmerns nach den Schmerzmittelgaben, dem Aufwachen mit Schmerzattacken, dem Aushalten der Schmerzen bis zur nächsten Schmerzmittelgabe, die ich vermutlich stündlich erhalten haben muss.

 

Meine Lippen waren fürchterlich ausgetrocknet, ich konnte etwas später um etwas Feuchtigkeit für die Lippen bitten und bekam einen angefeuchteten Q-Tipp der leicht nach Zitrone schmeckte, herrlich erfrischend.

Die Arme konnte ich später sogar beugen, obwohl ich anfangs dachte ich kann gar nichts bewegen. Ich lag einfach so da, hilflos und ahnungslos.

Aber mit der Zeit bewegte ich meine Zehen und meine Finger, was ich bewegen konnte, wurde bewegt... 

 

 

Schon am 22.10. (2 Tage nach der OP) wurde ich nachmittags auf die Normalstation gebracht, ich kam jedoch in ein neues Zimmer.

 

Phil suchte mich vergeblich auf der Intensivstation.

Uns wurde gesagt, das mit 3-5 Tagen Intensivaufenthalt zu rechnen wäre.

Im nachhinein empfand ich die Zeit auf der Intensivstation, so kurz sie auch war, als traumatisch und meine Gedanken kreisen immer wieder darum herum und sind immer gleich so abrufbar, auch jetzt noch 7 Monate danach.

 

Es hat mir ein Besucher erzählt, das eine Patientin, die er auf Intensivstation besuchte, so viel wimmern und weinen konnte, wie sie nur wollte, das Personal auf der Intensivstation reagierte darauf schon gar nicht mehr.

Wenn jemand genug Kraft hat um zu wimmern und zu weinen, dann kann es nicht so schlecht um den Patienten bestellt sein war die Antwort.

Auf der Intensivstation geht es um Leben oder Tod und wenn ein Patient einigermaßen stabil ist, bekommt er keine Zuwendung. 

Mit der Verlegung auf die Normalstation hörten auch schlagartig die intravenösen Schmerzmittelgaben in den Halszugang auf.

 

Da es mir aber insgesamt noch nicht so supergut ging, bekam ich noch einmal eine Bluttransfusion und die tat gut. Mein Allgemeinzustand verbesserte sich langsam.

 

Mit einem Mal wurde ich auf Schmerztabletten und -tropfen umgestellt.

Dies wirkte sich sofort in immer häufiger wiederkehrenden und sich steigernden Schmerzattacken aus, da die Tabletten und Tropfen nicht sofort wirkten.

Anfangs wusste ich vor lauter Schmerzen und genereller Hilflosigkeit nicht, was ich überhaupt an Medikamenten verabreicht bekam und hatte auch keine Kraft mich darum selbst zu kümmern.

 

Vor allem nachts hatte ich die stärksten Schmerzschübe, ich bekam nachts keine Tabletten mehr, sondern nur noch Tropfen, deren Wirkung erst nach 20-30 Min. einsetzten und zu schnell verpufften. Ich hätte stündlich Tropfen benötigt, bekam sie aber nicht, weil gewisse Zeitabstände einzuhalten waren.

Tagsüber bekam ich 3x Tabletten und Tropfen zu den Mahlzeiten.

Nachts war ich immer darauf angewiesen, die Schwestern 5-6x herzuklingeln und um Schmerztropfen anzubetteln.    

Wenn ich die Schwester rief und Schmerzmittel wollte, hieß es ich hätte gerade vor einer halben Stunde etwas bekommen und ich müsste noch warten bis ich die nächsten Tropfen haben könne... so hangelte ich mich von Stunde zu Stunde und  ab 22 Uhr bis morgens früh um 4 oder 5 Uhr hatte ich die meisten Schmerzen und bekam höchstens 2 x Tropfen verabreicht.

 

Es dauerte ca. 1 ? Wochen bis die Tabletten überhaupt einigermaßen zu wirken begannen, bzw. ich die richtigen Schmerzmittel in Tablettenform bekam.

 

Hinzu kam der Umstand, dass ich nach der Intensivstation in ein Zimmer auf Normalstation verlegt wurde, in dem ich ganz alleine lag....

Im Nachhinein weiß ich, dass ich persönlich Schmerzattacken etwas besser verkrafte, wenn ich weiß ich bin nicht ganz allein.

Eine Mitstreiterin im selben Raum zu wissen, die ähnliches durchmacht, mit der man solidarisch sein kann, hilft enorm. 

 

Eine Schwester sagte zu mir einmal, dass ich ja so tapfer meine Schmerzen hinnehmen würde und mit so wenig Schmerzmitteln auskäme.... das gab mir dann schon etwas zu denken und ich forderte bei der nächsten Visite eine Erhöhung meiner Medikamentendosis, als ich die Kraft und den Mut dazu hatte.

 

 

In einem Online-Bericht einer anderen Betroffenen zur OP in Neustadt, in dem ich mich vor der OP über alles ausführlich informieren konnte, wurde berichtet, dass jeder in Neustadt eine Schmerzpumpe erhalte, mit der er sich selbst per Knopfdruck die notwendigen Schmerzmittel geben könne.

Ich musste leider feststellen, dem war nicht mehr so. 

Aber kurz nach der OP kann man als Patient für sich nicht so gewandt Stellung nehmen, man ist einfach erst mal hilflos.    

 

Den Halo-Kopfring habe ich noch gar nicht erwähnt.

Ich konnte meinen Kopf nicht nach links oder rechts drehen, konnte nur auf dem Rücken liegen.

Das war vor allem zum Einschlafen für mich ungewohnt, da ich gewohnt war auf der Seite einzuschlafen. Mit dem Halo war ich automatisch die ersten Tage nur ans Bett gefesselt und konnte selbständig überhaupt nichts machen.

Ich bekam die intensivste Pflege die Schwestern leisten konnten.

 

Endlich bekam ich eine Bettnachbarin (eine junge Frau in meinem Alter), war ich erleichtert nicht mehr ganz allein zu sein.

Die Bettnachbarin war sehr gesprächig und hörte gar nicht mehr auf von ihrem Leben und Leiden zu berichten. Sie war furchtbar nervös und aufgeregt, die ganze Nacht hindurch erzählte sie... und der Fernseher musste laufen, bis sie eingeschlafen war... am nächsten Tag wurde sie operiert, nach einer OP, bei der ein paar Wirbel versteift wurden, kam sie in ein anderes Zimmer. Wenn wir uns später zufällig auf dem Gang trafen, strahlte sie überglücklich und freute sich über beide Ohren, nach 14 Tagen wurde sie schmerzfrei entlassen.

 

Schon am nächsten Tag nachmittags bekam ich eine neue Bettnachbarin in mein Zimmer. Die Bettnachbarin Nr. 3 war zu einer Stufendiagnostik in der Klinik für eine Woche und ging danach vorerst wieder nachhause, bis sie einen freien OP-Termin bekam.

 

Täglich machte ich kleine Fortschritte und kam nach und nach immer mehr wieder zu mir.

 

Die vereinzelten Venenzugänge, die nicht mehr benötigt wurden konnten von den Schwestern gezogen werden, am rechten Arm und am Handgelenk zwei Zugänge, die einfach abgemacht werden konnten, die Nadeln wurden einfach rausgezogen.

 

Am Halszugang mussten Fäden gezogen werden, denn der Venenzugang war angenäht, den mussten die Schwestern abmachen, den Knoten durchschneiden und die Fäden ziehen, dann konnte auch der Zugang am Hals weggezogen werden.... das war auch ein Schritt Normalität für mich.

 

Der Blasen-Katheter konnte auch raus, den wollte ich nicht unbedingt länger als nötig behalten. Das ging ganz schnell und war ein ganz kleines bisschen schmerzhaft. Die Freude ihn los zu sein überwog jedoch.

 

Von nun an hielt ich die Schwestern täglich ziemlich auf Trab, nach dem Bettopf klingeln, Bettopf besteigen, nach der Entsorgung klingeln...jetzt musste ich ja selbständig den Bettopf erklimmen (mir kam es vor, wie eine Bergbesteigung, denn ich hatte ja noch die ganzen Wundschläuche am Rücken und die Thoraxdrainage an der Seite, die Verbände dick und fest am ganzen Rücken und der linken Seite entlang). 

 

Für all jene die wie ich noch nie im Krankenhaus auf einen Bettopf gehen mussten, war das alles neu, ungewohnt und sehr anstrengend.

Der Bettopf wurde mir unter den Po geschoben, den Po bzw. die Hüfte musste ich aber erst mal anheben auf einer Seite... das war ziemlich schmerzhaft, aber anders nicht zu machen.

 

Das holsteinische Wort für: Ich muss mal pinkeln, ist ich muss mal pischn!

Für alle die das noch nicht wussten. Gehört doch zur Allgemeinbildung.

 

Die gesamte Körperpflege die ich durch die Schwestern erfuhr, weil ich es selbst nicht konnte, war ungewohnt. 

Ich gewöhnte mir an, sobald ich mithelfen konnte, dies auch zu tun, so hatte ich später z.B. immer eine Rolle Toilettenpapier neben meinem Bett stehen.

Ab und an ging auch mal was daneben auf meine Bettunterlage, dann bekam ich etwas darüber gelegt damit ich nicht im Nassen lag. 

Es konnte ja nicht mitten in der Nacht das Bett gewechselt werden, schließlich lag ich im Bett und konnte nicht so einfach raus, ich hatte ja den Halo und war am Bett fixiert.

 

Ich hielt also die Schwestern ständig auf Trab damit, denn ich verlor all das Wasser, das ich in meinem Körper gespeichert hatte. Die wussten schon ohne das ich was sagen musste, das ich pischn musste, die kamen sogar schon immer mit einem Bettopf in der Hand herein....(ich war wahrscheinlich schon verschrien als die Pischerin der Station).

Ich sollte zu allem Unglück auch noch sehr viel Wasser trinken und manchmal war es mir sehr peinlich so oft nach den Schwestern klingeln zu müssen.

Die waren das schon gewöhnt (nur ich nicht).

 

Die Darmtätigkeit war nach der OP noch ganz träge, d.h.  ich musste versuchen auch mal den Darm zu leeren, nicht nur die Blase.

Ich bemühte mich und nach einigen Versuchen, klappte auch das wieder.

Darüber hab ich mir vorher keine Gedanken gemacht.

Es war so wichtig für mich, das der Darm richtig funktioniert, weil erst bei erfolgreicher Darmtätigkeit wieder feste Nahrung zugeführt werden konnte.

Wer einmal im Krankenhaus nur Flüssignahrung, in Form von Suppe und Brei bekommen hat, weiß was für ein Ansporn es ist, wenn man Aussicht auf feste Nahrung hat. Obwohl wir später immer auch an der festen Nahrung etwas auszusetzen fanden.

 

Die Körperpflege durch die Schwestern war für mich eine Erfahrung, die ich sehr dankbar akzeptierte, es bleibt einem einfach auch nichts anderes übrig.

Die ersten Tage auf der Normalstation wurde ich morgens komplett von einer Schwester gewaschen und auch eingecremt, das war angenehm, nach all dem bewegungslosen Liegen und den Schmerzen.

 

 

Noch steckten links und rechts 3-4 Wundschläuche in meinem Rücken und die Thoraxdrainage in meiner linken Seite, die Wundsekret abpumpte.

Die Pumpe war ziemlich laut, machte komische Geräusche und manchmal hatte ich das Gefühl es pumpt und pumpt obwohl nichts mehr zum abpumpen da ist.

Bis die Thoraxdrainage letztendlich rauskam vergingen mehr als 5 Tage und ich musste den Arzt immer wieder daran erinnern, dass die Thoraxdrainage noch raus sollte.

 

Die Wundschläuche im Rücken links und rechts konnten früher gezogen werden.

Ich hatte Angst davor, aber es ging ganz gut. Die Schläuche wurden mit einem Rutsch rausgezogen und ich war befreit.

Der Arzt wandte einen Trick an beim Rausziehen:

Ich sollte ganz tief Einatmen und dann ganz tief Ausatmen.

Beim Ausatmen zog er schnell die Schläuche raus, das ging so schnell, das der Überraschungsmoment dabei half, weil ich mich voll auf das Ein- und Ausatmen konzentriert hatte. Obwohl ich eigentlich den Rücken immer noch nicht richtig spüren konnte, bildete ich mir ein das sich das Liegen auf dem Rücken wieder etwas „normaler“ anfühlte, ohne die Schläuche.

 

Die Wundschläuche waren schmal im Durchmesser (ca. 0,5 cm).

Der Thoraxdrainageschlauch war doppelt so breit (ca. 1,5 cm) und ich hatte noch viel mehr Angst vor dem Ziehen als vor allem anderen.

Es wurde mir angekündigt, dass die Thoraxdrainage gezogen werde und dann ist nichts passiert, es vergingen Tage und ich wartete jeden Tag darauf, das es endlich passiert. So fing ich an mir die schlimmsten Vorstellungen zu machen.

Ich sehnte den Tag herbei, an dem das verdammte Ding da endlich rausgezogen wurde und hatte höllische Angst vor eventuellen Schmerzen.

Als es endlich so weit war und die Pumpe abgestellt wurde und der dicke Schlauch gezogen wurde, empfand ich etwas Schmerz gepaart mit Überraschung, weil man als Patient ja bei so was immer irgendwie „überrumpelt“ wird.

Ich war so froh, als das endlich vorüber war, denn es ist furchtbar wenn man auf etwas wartet und es passiert tagelang nichts.

 

Auf alle Wunden kam ein schöner dicker Verband.

Mein Rücken hatte einen langen dicken Verband in der Mitte und auf der linken Seite sowie an den Stellen wo die Thoraxdrainage war.

Die seitliche Narbe und die lange Rückennarbe wurden bei der 1. OP nicht zugenäht.

Die Narben wurden lediglich getackert (ähnlich den Metalltackern im Büro).

 

Das bedeutete für mich noch zwei unangenehme Sitzungen, bei denen die Tacker entfernt werden mussten.

Das geschah ca. 10 Tage nach OP, wenn ich das noch richtig weiß.

Die Tacker der langen Rückennarbe wurden zuerst entfernt.

Ich hab jeden einzelnen laut mitgezählt, es waren 52 Stück die entfernt wurden.

Ganz schmerzfrei ging auch das nicht ab, manche Tacker waren verkrustet und wollten nicht so einfach raus.

Es ziepte und zog ganz ordentlich, war aber zu verkraften.

Auch dabei ist man froh, wenn diese Fremdkörper endlich raus kommen.

Danach war ich richtig geschafft, ich krallte mich fest an meinem Bett während die Tacker rausgezogen wurden.

 

Ein paar Tage später mussten dann nochmals zwei Knoten (an der Seite wo vorher die Thoraxdrainage war) geöffnet und ein paar Fäden gezogen werden.

Die Tacker aus der Seitennarbe wurden dabei auch entfernt.

Allerdings ziepte und zog es auch genauso, doch hier waren es nur 42 Tacker, also nicht ganz so viele wie am Rücken.

 

Es war in den ersten Wochen immer eine Überraschung, wer nun wieder mal überraschend zur Tür herein kam und was derjenige mit mir vorhatte.

Entweder musste mal wieder Blut abgezapft werden oder sonst irgendwas rausgezogen oder entfernt werden.

Die ersten beiden Wochen war viel los, ein Kommen und Gehen, es gab viel zu tun.

 

Plötzlich stand mal wieder ein Arzt im Raum, täglich zur Visite sowieso, Mittwochs zur Chefarztvisite mit einem Konvoi von 5-10 Personen, morgens zwischen 7.30 und 8 Uhr, zu einer Zeit in der ich die Nacht nicht geschlafen hatte und endlich etwas eingedöst war.

Die Tür geht unvermittelt auf, das hellste Licht wird angeschmissen, am Patienten wird gefragt wie es geht und dann wird untereinander gesprochen Chefarzt mit Stationsarzt, der Patient traut sich nichts zu sagen, ist sowieso komplett verwirrt und schon ist die Visite vorüber, denn die kommen so schnell wie sie gehen.

 

Täglich wurden die Vitalwerte gemessen (Blutdruck, Fieber, Puls).

Täglich gab es eine Heparin - Thrombosespritze am Nachmittag und alle 3 Tage wurden die Thrombosestützstrümpfe gewechselt.

Mein Bauch war sowieso durch die OP angeschwollen und tat nach kurzer Zeit höllisch weh, bei jeder Spritzenverabreichung.

In den Schenkel wollte ich aber keine Spritze.

Nach 8 Wochen hab ich die Spritzen nur noch gehasst und war so froh als es damit vorbei war am 16.12.2004 die letzte der 54 Heparin-Spritzen.

 

Zum Anziehen der Thrombosestrümpfe benutzten die Schwestern ein Gerät, welches das Anziehen der Strümpfe über der Ferse erheblich erleichterte.

Die Strümpfe waren so stramm, vor allem die neuen Strümpfe.

Beim Wechsel der Strümpfe kam es häufig vor, das die passenden Strümpfe erst noch organisiert werden mussten und erst später angezogen werden konnten und so hatte ich immer ein bisschen Zeit meinen beiden Beinen etwas Freiheit zu gönnen.

Das war angenehm, mal ohne diese strammen Strümpfe, denn die Haut wurde von den Strümpfen ganz trocken.

Das Eincremen der Beine übernahm die Schwester, wenn ich das wünschte.

 

Die ersten beiden Wochen dienten auch dazu die Schmerzen so einigermaßen mit der für mich persönlich richtigen Medikation in den Griff zu bekommen.

Nach meiner Einschätzung half mir Tramal nicht.

Nach einer Visite wurde auf meinen Wunsch hin meine Medikation umgestellt und ich bekam Oxygesic Tabletten (ein Morphium-Derivat steht unter dem Betäubungsmittelgesetz), 3 x täglich 10 mg und 1x nachts 20 mg und mit dieser Einstellung bekam ich dann auch ganz langsam die Schmerzen besser in den Griff.

Die Nächte waren allerdings immer noch ein Hangeln und Warten von einer Tropfenverabreichung zur nächstmöglichen.

 

 

 

In der Anfangszeit war ich noch ans Bett gebunden, aber ich lernte recht schnell schon am 2. oder 3. Tag nach OP mal ganz kurzes Aufsitzen am Bettrand.

Dazu benötigte ich 2 Physiotherapeuten oder Schwestern. Einer musste mich vom Bettgestell ausklinken und ein anderer musste mich am Kopf nach oben mit Zug halten, sonst wäre ich wie eine Ziehharmonika in mich zusammengesunken, denn ich hatte ja keine Bandscheiben mehr.   

Am Anfang wurde nur das aufrechte Sitzen am Bettrand geübt, danach sollte das kurze Stehen neben dem Bett geübt werden.

Mein Kreislauf war im Keller und mir wurde schwarz vor Augen und schwindlig.

Ich musste mich sofort wieder hinlegen, dann wurde es etwas besser. 

Dazu musste man mich mitsamt des Halo wieder ans Bettgewicht einklinken und eine 2. Person musste währenddessen mit beiden Händen meinen Kopf in die Hände nehmen und nach oben Zug ausüben, solange bis ich wieder mit dem Gewichtszug im Bett verbunden war, erst dann konnte mein Kopf losgelassen werden.

 

Als ich gut aufrecht sitzen konnte am Bettrand, wurde das Stehen geübt.

Danach dann das Umsetzen in den Rollstuhl und das Einklinken in den Haken am Rollstuhl. Das war ein spezieller Rollstuhl dessen Gewichtszug per Drehknopf einstellbar war.

 

Im Liegen im Bett zog mich anfangs ein 5 ? kg Gewicht bei Tag und Nacht.

Alle paar Tage wurde der Gewichtszug erhöht um ca. ? kg.

Zuletzt war das Zuggewicht im Bett bei 10 kg.

Insgesamt war ich 6 Wochen statt der geplanten 3-4 Wochen im Halo. Warum so lang, das erkläre ich etwas später noch.

 

Die ersten Wochen im Halo waren heftig.

Ich hatte am Rücken und an der Seite die operierten Stellen und die Wundheilung war im Gang. Es tat alles weh und ich musste mich täglich auf einer Seite liegend aufrichten und stehen, mich umsetzen, im Rollstuhl sitzend, meine Morgentoilette selbst durchführen und selbst Frühstücken.

Das Frühstück war für mich keine Freude, denn es fiel mir unter den gegebenen Umständen sehr schwer das Essen zu mir zu nehmen.

Mein Hals stand unter einer solchen Streckung, das mir der Appetit jedes Mal verging  nach ein zwei Kaffeeschlucken und zwei Brötchenbissen wurde ich immer frustriert und wütend.

Dann die Morgentoilette selbst durchzuführen, im Spiegel mein Anblick mit Halo, das verlangte viel Eigenmotivation.

Jeder einzelne Handgriff war anstrengend und überall eckte ich mit dem Rollstuhl an, denn die Zimmer waren ja nicht gerade rollstuhlgerecht.

Täglich suchte ich Zuflucht im Aufenthaltsraum morgens gegen halb neun Uhr, da war ich immer allein und konnte die schöne Aussicht auf die Ostsee ganz für mich allein, ungestört im Rollstuhl auf mich wirken lassen und genießen.

Nur dort konnte ich seelisch auftanken.

Lang hielt ich es im Rollstuhl sitzend nie aus.

Immer lieber und schneller wollte ich zurück ins Bett.

Bis sich 2 Schwestern gefunden hatten, die sich meiner annahmen, dauerte es oft lang. Oft sagten die Schwestern, ich müsse viel länger im Rollstuhl sitzen bleiben... ob ich dazu in der Lage war schien dabei kaum zu interessieren.

Das machte mich wirklich wütend.

 

 

Das Aufsetzen am Bettrand wurde die 1. Male ungünstigerweise auch noch immer von der operierten Seite her gemacht, mir wurde erst später klar, dass es viel besser wäre wenn ich mich auf meine nicht operierte Seite legen konnte, um schmerzfreier hochzukommen. Das war ein kleiner Umweg für die Schwester mit dem Rollstuhl....aber in Zukunft achtete ich darauf, dass der Rollstuhl immer an der unoperierten Seite bereitstand.

Nicht viele Schwestern kannten sich gut mit dem Halo-Prozedere aus und einige trauten sich gar nicht, mich aus dem Bett in den Rollstuhl zu heben.

Die Hauptarbeit bestand darin mich am Kopf zu fassen mit beiden Händen und einen Zug nach oben auszuführen, während ich mich aufrichtete an der Bettkante zum Sitzen kam und dann aufstand und mit einer Vierteldrehung zum Rollstuhl langsam hinsetzte, während eine andere Schwester mich einhängte im Rollstuhl-Gewichtszug.

 

Anfangs war das Zusammenspiel mit den Schwestern gar nicht gut.

Es gefiel mir immer besser, wenn der Physiotherapeut kam und das Umsetzen mit mir machte. Er hatte eindeutig die bessere Technik und strahlte viel mehr Sicherheit auf mich aus. Da lief das alles wie am Schnürchen, denn er verwendete immer Kommandos, so dass ich immer wusste was zu tun ist ohne Panik entwickeln zu müssen. Die Ängste und Unsicherheiten mancher Schwestern übertrugen sich direkt auf mich und mehrmals wurde ich recht unsanft und grob umgesetzt... einmal brach ich nach so einer Aktion in Tränen aus. 

 

Nach einigen Wochen sprach ich mich darüber bei einer der nettesten und vertrauensvollsten Schwestern darüber aus...  ich muss oft lange warten bis ich umgesetzt werde, halte das nicht immer aus, habe Schmerzen und Angst etc.

Daraufhin sprach die Schwester das Thema bei allen Schwestern der Station an und die nächsten Wochen (es waren ja letztendlich ganze 6 Wochen) lief das auch besser als vorher. Es wurden feste Zeiten mit mir ausgemacht, zu denen ich umgesetzt wurde und die Kommandos wurden besser benutzt und Drückeberger gab es auch kaum noch.

 

Vom Rollstuhl wurde ich meist direkt in den Gehwagen umgesetzt.

Nachdem ich das ein paar Mal geübt hatte mit dem Physiotherapeuten ging das auch. Phil wurde auch eingewiesen, wie er z.B. das Gewicht am Bett aushängen kann, wie er mich am Gehwagen einhängen kann und am Rollstuhl.

Nur meinen Kopf heben und Zug ausüben war Phil dann doch zu riskant, aber er half mit wo er nur konnte und entlastete die Schwestern.

 

Ich wurde sowohl von den Schwestern als auch den zahlreichen Mitpatienten um meinen Freund ganz ordentlich beneidet. Phil erntete viel Lob von allen Seiten, weil er mir half und bei mir war und sich um mich wirklich liebevoll kümmerte.

 

Jeden Tag wurden meine 4 Pins am Kopfring desinfiziert und mit einer Salbe behandelt, damit sich nichts entzünden konnte um die Pinstellen. Ich hatte Glück es entzündete sich nichts. Alle 3-4 Tage mussten die Schrauben/Pins nachgezogen werden mit einem Drehmomentschlüssel, dazu kam dann immer ein Assistenzarzt oder Facharzt wer gerade Zeit hatte.

Einmal kam ein Arzt am Abend es war schon 20 Uhr und wollte mir die Schrauben nachziehen.....hatte er tagsüber vergessen... ich hab ihn so angefahren, dass er rückwärts wieder zur Tür raus ist und nur meinte, okay, okay dann geh ich halt wieder, wenn es Ihnen jetzt nicht passt.

Will er mir doch am Abend noch die Schrauben nachziehen, wo ich froh bin wenn ich den Abend und die Nacht überhaupt irgendwie rumbringe.

Das kann er bei Tag machen, wenn ich sowieso unterwegs bin und abgelenkt.

Nach dem Schrauben anziehen sitzt alles so stramm, dass es einige Stunden dauert, bis man sich an die strammgezogene Situation gewöhnt hat.

 

Im Gehwagen absolvierte ich täglich eine halbe Stunde Lauftraining am Vormittag und Nachmittag. So schritt ich jeden Tag die Magistrale auf und ab.

Dabei kam ich sehr leicht ins Gespräch mit den wenigen anderen Halo-Patienten, einem 15jährigen Mädchen und einem 7jährigen Buben und deren Mütter.

Durch den auffallenden Kopfring und den ausladenden Gehwagen standen wir 3 Halo-Träger schnell im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der anderen Patienten und deren Besucher.

Erstaunte, neugierige und verschämte Blicke waren an der Tagesordnung und ich gewöhnte mich sehr daran.

Ich wurde oft angesprochen von interessierten Patienten und Besuchern und erklärte gern den Sinn und Zweck des Halo. Nach dem Lauftraining war ich immer erschöpft und wollte schnell ins Bett zurück. Nur im Bett fühlte ich mich einigermaßen wohl.

Da der Zug aber im Liegen nur halb so stark war, als im Sitzen oder Gehen, musste ich versuchen die Zeiten im Rollstuhl und im Gehwagen so gut es eben ging zu verlängern. Das Liegen brachte mir also keine gute Streckung ein, sondern nur das Sitzen und noch besser das Laufen im Gehwagen. Der Gehwagen war mir am liebsten.

 

Zum Mittagsessen musste ich wieder vom Bett in den Rollstuhl gesetzt werden und selbständig essen. Für viele ist selbständiges Essen nicht der Erwähnung wert, aber wenn man den Kopf nicht nach unten senken kann, um zu sehen was auf dem Teller liegt und dem Besteck, dann ist das schon eine Herausforderung.

Zum Glück hatte ich vor 10 Jahren einmal in der Reha eine Prismenbrille gekauft, die jetzt erst spät zu vollen Ehren kam. Diese Prismenbrille erlaubte es mir im Liegen zu Lesen mit dem Buch auf den Oberschenkeln sowie im Sitzen zu Essen, ohne mich zu bekleckern. Auf der ganzen Station war ich die einzige Patientin und auch die 1. Patientin die so eine Prismenbrille mitbrachte und wurde von Schwestern und Ärzten gleichermaßen erstaunt darüber immer wieder angesprochen.

(Als ich aus der Klinik entlassen wurde, vererbte ich die Prismenbrille der Station.

Die Schwestern wollten daraufhin ein paar dieser Brillen für ihre künftigen Halo-Patienten anschaffen.)

 

Nach dem Training im Gehwagen klingelte ich nach Schwestern die mich ins Bett legen konnten. Das dauerte immer, weil die Schwestern gerade dann immer Mittagspause hatten. Im Bett ruhte ich mich aus bis zum frühen Nachmittag da kam der Physiotherapeut und mobilisierte mich wieder, d.h. ich lief dann noch mal im Gehwagen eine halbe Stunde oder länger die Magistrale auf und ab, dann wieder kurze Zeit im Rollstuhl... und wieder zurück ins Bett....ausruhen bis zum Abendessen.

Es bürgerte sich bei mir so ein, dass ich im Bett liegend zu Abend aß, nur so bekam ich aus was runter.

 

 

Meist war ich vom Tagesprogramm so erschöpft und hatte keine Energie mehr wieder in den Rollstuhl zu sitzen, nur um Abendbrot zu essen und mir die Zähne zu putzen. Das machte ich dann alles im Liegen.

Außerdem war Phil meist bei mir und er belegte mir liebevoll das Brot.

Ich genoss es richtig von ihm versorgt zu werden, alle anderen Mahlzeiten bewältigte ich unter den beschriebenen Anstrengungen selbst. Ich werde auch nicht vergessen, wie er mir Joghurts und Puddings gekauft hat und mir einmal den Joghurt verfüttert hat wie einem kleinen Kind, das war zum Schreien komisch irgendwie und irgendwie auch nicht.

 

 

Alle paar Tage wurde gemessen, ob ich etwas gewachsen bin.

Die ersten beiden Wochen ergaben 8 cm Wachstum.

In den folgenden 4 Wochen wuchs ich nicht weiter.

Das war etwas frustrierend, ich dachte ich könnte noch 2 cm rausholen, aber mehr war nicht drin. Diese 4 Wochen waren dementsprechend unmotivierend, mein Alltag war tagein tagaus derselbe mit Halo und manchmal dachte ich, ich werde den Halo nie mehr los.

 

Eines Nachts hatte ich einen Traum, an den ich mich gut erinnern konnte.

Es war ein Alptraum, ich war gefangen in meinem Bett mit der Halo-Apparatur und konnte mich nicht bewegen, während die Klinik unter Wasser stand.

Alle konnten fliehen und sich retten, nur ich war hilflos dem Untergang ausgeliefert. 

 

Um einmal duschen zu können mit Halo, musste ich in ein anderes Zimmer verlegt werden, bekam also wieder eine neue Bettnachbarin (die 4. Bettnachbarin).

Mit ihr konnte ich mich richtig solidarisch erklären, ich lernte sie kennen als sie den 1. Tag in der Klinik aufgenommen wurde, sie kam auch wieder in unser Zimmer zurück nach der OP und ich bekam auch ihre Abreise mit, wir lernten ihren Mann kennen und ihre Kinder. Wir verstanden uns recht gut. Sie war seit 30 Jahren Schmerzpatientin und nahm Morphium-Pflaster und wurde über ein paar Wirbel versteift im Lws-Bereich. Wir beide teilten Freud und Leid und halfen uns gegenseitig, nicht alles schwarz zu sehen, sondern den Humor hervorzuholen, wann immer möglich.

 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht!

 

Weil es nur in wenigen Zimmern eine Halo Aufhängevorrichtung im Bad gab für  Dusche und WC blieb ich weiter in dem Zimmer.         

Ich weiß nicht mehr genau wann ich das 1. Mal Duschen durfte.

Gegen Ende der 2.  Woche kann das gewesen sein.

Von dem Moment an kam zu meinem täglichen Pensum alle 3-4 Tage jetzt noch das Duschen mit Halo-Vorrichtung im Bad hinzu. Was für ein Kraftakt das war, ist kaum zu beschreiben. Phil war das 1. Mal zumindest im Zimmer, als ich duschen mußte, ich war froh.

Eine Schwester musste mich von den Stützstrümpfen befreien und mir meinen Schlafanzug ausziehen. Vor jedem Duschgang mussten über die dicken Verbände am Rücken und der Seite mehrere große Duschpflaster geklebt werden.

Das Duschpflaster war absolut wasserdicht und wurde nach dem Duschen mitsamt den Verbänden herunter gezupft und komplett abgezogen (das klebte nur zu gut im feuchten Zustand und ziepte ordentlich beim Ablösen).

  

2 Schwestern mussten mich vom Bett in den Rollstuhl und vom Rollstuhl auf einen Duschhocker setzen. Die Gewichte die hinter meinem Bett hingen, mussten ins Badezimmer getragen werden und wir stellten fest, das die Gewichte nicht ausreichten um mich auf dem Duschhocker aufrecht zu halten.

Panik und Angst machten sich bei mir breit, ich dachte ich sacke in mich zusammen, ich zog selbst verzweifelt an dem Stahlseil damit ich einigermaßen aufrecht saß, bis dann endlich die nötigen zusätzlichen Gewichte herbeigeschafft waren und ich konnte loslassen. Ich hatte noch keinen Tropfen Wasser auf der Haut und war schon erschöpft. Dabei hatte ich nur Unterhose und Unterhemd an und ich begann zu frösteln. Das 1. Duschen empfand ich als sehr unangenehm, das Prozedere war für mich beängstigend und anstrengend. 

 

 

Als ich fertig war mit dem Duschen, musste ich von einer Schwester an Rücken, Beinen und Fußspitzen abgetrocknet werden. Es wurde bei jedem Duschgang extra für mich eine Schwester für diese Pflege abgestellt. Anschließend musste ich von der Duschaufhängung ausgeklinkt werden. So ganz nackig wollte ich aber nicht in den Rollstuhl sitzen und die Schwester reichte mir eine Unterhose die ich dann ab Kniehöhe selbst anziehen konnte und legte mein Badehandtuch auf den Rollstuhlsitz. Dann wurde ich in den Rollstuhl umgesetzt und konnte das Unterhemd und ein Schlafanzugoberteil übergezogen werden, die vorher beide an der Rollstuhl-Aufhängung Überkopf aufgefädelt wurden. Das war eine hübsche Denksportaufgabe für uns, wie herum aufgefädelt werden musste dass ich dann richtig herum angezogen war. Danach war ich mehr als erschöpft. Die Energie zum Haare fönen, oder Eincremen hatte ich nicht mehr, ich wollte nur noch ins Bett zurück so erschöpft war ich.

 

Mein Kreislauf ließ mich regelmäßig im Stich, mir wurde schwindelig und schwarz vor Augen, ich sah auch schon Sternchen. Das Wasser war warm und die feuchte Hitze staute sich im Bad... ich hatte immer Angst wenn ich diese Kreislaufprobleme bekam und ich bekam sie beim Aufsitzen vom Bett, beim Hinstehen und unter der Dusche.

Ich sollte immer jemandem fest in die Augen schauen oder nach oben schauen und die Hände nach oben ausstrecken und damit hin und her wedeln.

Frische Luft und etwas gezuckerten Saft zum Trinken halfen dabei nicht gleich bewusstlos zu werden. Phil nahm immer etwas Saft mit, wenn wir mit dem Gehwagen unterwegs waren zur Sicherheit, falls mir schwummrig wurde.

 

Bis sich nach dem Duschen wieder eine 2. Schwester gefunden hatte, die mich ins Bett bringen konnte musste ich auch warten....endlich im Bett aber mit nassem Haar.... egal. Im Bett wurde dann noch das Duschpflaster abgezogen und frische Verbände angebracht. Zum Schluss noch die Schlafanzughose angezogen und ich konnte mich ausruhen. 

 

Alle 3-4 Tage wurde ich gefragt ob und wann ich duschen möchte, es musste dann eine Schwester extra zum Duschen für mich abgestellt werden.

Mit jedem Duschgang gewann ich mehr Sicherheit.

Es kam der Tag, an dem ich mir allein die Haare waschen, mich einseifen und abtrocknen konnte (bis auf die Füße, dafür benötigte ich immer eine Schwester).

Sogar die Energie zum Haare fönen hatte ich  (obwohl das immer noch sehr anstrengend war). Die Rundum Pflege wurde immer weniger, es genügte nun mich ins Bad zu hängen und mich nach dem Duschen nur wieder in den Rollstuhl zu 

setzen. Das war schon ein kleiner Fortschritt. Die kleinen Fortschritte erscheinen einem aber nicht klein, es waren Meilensteine.

 

So sah also mein Alltag aus, tagein tagaus wiederholten sich die Tage im gleichen Rhythmus.

 

Meine längste und vertrauteste Bettnachbarin wurde am 16.11. vormittags aus der Klinik entlassen. Am 17.11. kam die 5. Bettnachbarin in mein Zimmer, eine 12jähriges Mädchen, die von ihrer Mutter begleitet wurde. Dieses Kind trieb mich fast in den Irrsinn, die Schwestern wurden von ihr gegängelt und nach Strich und Faden an der Nase rumgeführt. Dieses Kind machte ein großes Theater und schrie und jammerte so penetrant vor lauter Schmerzen, das bald alle durchschauten, das zuviel Theater dabei war. Eine nervenaufreibende Zeit für mich und die Schwestern. Das Kind sah von morgens bis abends Kinderfernsehen anstatt zu üben wieder auf die Beine zu kommen. Trotzdem Theater konnte sie nach 10 Tagen entlassen werden. 

 

 

Kapitel 4  

2. OP (geplant am 17.11.2004):

 

Diese OP war in der 4. Woche meines Klinikaufenthalts geplant.

Mit ihr sollte die Wirbelsäule per Implantat versteift und der Halo-Kopfring entfernt werden. Auf sie hatte ich hingefiebert, es war sozusagen mein Endziel, das ich ungeduldig herbeisehnte, damit alles endlich zu einem Abschluss kommen konnte. 

 

Einen Tag vor der OP hieß es in der Visite ich hätte einen erhöhten Entzündungswert im Blut von 9 und der Professor müsste in der Chefarztvisite entscheiden was zu tun sei. Ich wurde für die OP vorbereitet. Auf dem OP Plan war ich für 10 Uhr morgens eingetragen. Der nächste Morgen kam, ich erwartete die 2. OP.

Plötzlich kam eine Schwester und sagte sie sollte mich zum Röntgen bringen.

Der Arzt meinte ich könne im Gehwagen selbst zur Röntgenabteilung gehen.

Die Schwester (ein wirklicher Schatz) wusste aber das ich das in meinem Zustand nicht bewältigen könne und so wurde ich im Bett zum Röntgen gefahren und die Schwester folgte mit dem Gehwagen in die Röntgenabteilung.

 

Beim Röntgen musste ich aus dem Bett in den Gehwagen, die Schwester half mit dem Zug am Kopf und jemand von der Röntgenabteilung klickte mich in den Gehwagen ein und so wurde ich geröntgt ... kurz vor Ende des Röntgens jedoch  klappte ich im Gehwagen zusammen, verlor komplett das Bewusstsein.

Als ich wieder zu mir kam hörte ich viele Stimmen wild durcheinander reden und bekam nur mit wie mich viele Hände trugen und mich ins Bett legten.

Im Bett erst kam ich wieder zu vollem Bewusstsein. Es war mir so peinlich, ich lächelte und entschuldigte mich für die Unannehmlichkeiten bei allen.

Wie fühlte ich mich? Beschissen, ehrlich gesagt, ich sollte operiert werden und dann passierte so was, ein Zusammenbruch, ein Black Out.  

 

Aufgrund der Röntgenbilder wurde festgestellt, das ein Schatten auf der Lunge zu sehen war, es musste Wasser in der Lunge sein, das sich nach dem 1. Eingriff dort gesammelt hat und vom Körper nicht abgebaut werden konnte.

  

Wenn ein Mensch einen Entzündungsherd im Körper hat und operiert wird, läuft er Gefahr, das diese Entzündung sich im ganzen Körper ausbreitet und das kann dann tödlich enden.

 

Daher kamen also die erhöhten Entzündungswerte im Blut.

Daraufhin teilte mir am späten Vormittag endlich ein Arzt der Chirurgie mit, dass ich heute auf keinen Fall operiert werden könne.

Es sei zu gefährlich, die Entzündungswerte müssten erst zurückgehen.

 

Ein Oberarzt für Internistik (ein sehr sympathischer Arzt) erklärte mir dann am Nachmittag es müsse ein Ultraschall gemacht werden und die Lunge punktiert werden, um das Wasser zu entfernen und mikrobiologisch zu untersuchen.

 

Ich war wirklich am Ende mit meinen Kräften psychisch und physisch.

So eine große Enttäuschung.

Ich dachte bald hab ich alles hinter mir und jetzt zog sich alles weiter in die Länge, ich hatte keine Geduld mehr und am Ende konnte ich diesen Frust nur noch über viele Tränen zum Ausdruck bringen.

Phil und meine Eltern wussten noch nicht, das die 2. OP nicht stattfinden konnte.

Ich musste unbedingt anrufen, sonst wäre er mich nicht besuchen gekommen (er nahm ja an ich liege dann auf der Intensiv und wir hatten vereinbart, das er erst am nächsten Tag kommen solle).   

Ich hatte mein Telefon aber für die Zeit der OP und den Intensivaufenthalt abgemeldet, um Geld zu sparen. Was für ein Dilemma.

 

Eine Schwester arrangierte für mich einen Telefonanschluß.

Die liebe Schwester war so nett und hat 10 EUR fürs Anmelden ausgelegt und ich musste nichts bezahlen, obwohl ich es anbot.

Sie war glaube ich auch nicht einverstanden mit der Art und Weise wie das an dem Tag abgelaufen war. Das war keine guter Zug von den Ärzten so kurz vor 12 Uhr die OP abzusagen, das hätte man früher und besser abklären und kommunizieren können. Keine gute Art, einen Patienten so hinzuhalten...in dieser sowieso angespannten Situation. Naja ich schrieb entsprechend viele Verbesserungsvorschläge an die Klinik und gab die zum Schluß ab.

Als ich Phil in der Ferienwohnung anrief konnte ich auch nur noch Weinen am Telefon, weil ich so traurig war.

Der einzige Lichtblick an diesem schlimmen Tag, war sein Besuch und Beistand.

Danach informierte ich auch meine Eltern, damit sie sich darauf einstellen konnten. Eine Situation, die ich keinem wünsche.

 

Von nun an bekam ich 3x täglich 2 Wochen lang Antibiotika Infusionen. 

Es musste ein Venenzugang gelegt werden.

 

Der Klinik-Alltag und mein Tagesprogramm machten mich mürbe, nichts ging voran, ich sah nur Stillstand und Rückschritte. Meine Moral und Motivation waren ganz unten.

 

Der Zugang in der linken Ellenbeuge wurde von einem Arzt gelegt, der auch an der WS operierte, ich hab den Einstich nicht gespürt und konnte über eine Woche lang benutzt werden für die Infusionen. Dann begann die Nadel wehzutun und um den Einstichbereich fing es an zu brennen und die Vene wurde hart...also irgendwann ging dann nichts mehr durch die Vene sondern daneben und ich bekam in der rechten Ellenbeuge einen neuen Zugang gelegt, der bis zum Schluß verwendet wurde. 

 

Es war mit der Zeit auch nicht mehr so einfach bei mir Blut abzunehmen, einmal stocherte ein Assistenzarzt minutenlang in einer Vene rum, dass ich einen großen blauen Fleck an der Stelle bekam und es tat verdammt weh, dass ich ihn anfuhr: „jetzt reicht es aber...“

Er hörte dann auf mit dem Rumstochern und meinte: „na ja mal sehen, vielleicht reicht ja das was ich bisher im Röhrchen habe“...

Wenig später kam dann ein anderer Arzt, der mich weiter piekste, bis das Röhrchen voll war...

 

Der Termin beim Internisten für Ultraschall und Punktion stand an und ich war entsprechend nervös und sehr ängstlich, ich hatte von einer anderen Patientin  Horrorgeschichten bezüglich einer bei ihr durchgeführten Punktion gehört.

Hat nicht dazu beigetragen, mir etwas die Angst zu nehmen im Gegenteil.

 

Als es dann doch soweit war, wurde ich im Bett zum Ultraschall-Raum gefahren.

Der Oberarzt für Internistik höchstpersönlich nahm die Punktion vor und betäubte lokal mit einer Spritze die Stelle unter dem linken Schulterblatt. Ein weiterer Arzt assistierte ihm. Der Oberarzt verstand sein Handwerk. Ich hatte keine Höllenschmerzen bei der Punktion.

Es war eine lange Nadel die eingeführt wurde und immer tiefer gestochen wurde, bis die Nadel so lag, dass die Flüssigkeit abgezogen werden konnte. Das alles dauerte keine 5 Minuten. Die Flüssigkeit war frei von Blut und war ein gutes Zeichen, wie mir der Arzt auf meine Nachfrage bestätigte. Ich war so froh, als ich auch das hinter mir hatte. Diese Flüssigkeit wurde anschließend zur Laboruntersuchung auf Mikrobakterien geschickt und der Arzt meinte, wir müssten erst die Laboruntersuchungsergebnisse abwarten, bevor ich Grund zur Freude hätte.

Aber die Erleichterung stand mir ins Gesicht geschrieben und grinsend wartete ich darauf wieder von einem Pfleger abgeholt zu werden.

 

Nach 2 Wochen Antibiotika waren meine Entzündungswerte dann endlich unten bei 1. Es konnte jetzt endlich wieder operiert werden.

 

 

Kapitel 5  

2. OP am 01.12.2004:

 

Die OP dauerte 5 Std. (von ca.10 Uhr bis 15 Uhr)

 

Dorsale Instrumentationskorrekturspondylodese mittels Micomed posteriorem Doppelstabsystem Th4-L5.

Beckenkammspongiosaentnahme rechts dorsal.

 

Die OP verlief komplikationslos.

 

 

Auf der Intensivstation lag ich diesmal aber in einem großen Aufwachraum, mit 4 anderen Patienten zusammen und machte diesmal richtiges Theater, weil ich mich nicht gut betreut und mit Schmerzmitteln versorgt fühlte.

Da bekam ich dann zu hören, das es mir ja wohl nicht so schlecht gehen könne, wenn ich mich beklagen könne.   

 

Der Aufenthalt auf der Intensivstation war diesmal Gott sei dank wieder relativ kurz, so kurz dass Phil mich wieder auf Normalstation besuchen konnte.

 

Ich kam nun wieder in ein neues Zimmer, aber leider nur für ein paar Tage zusammen mit meiner 6. Bettnachbarin, einer älteren, sehr sympathischen Dame, die immer alles positiv sah und einen gewissen Pragmatismus verbreitete und sich gerne unterhielt. Sie kam mich später immer besuchen zu einem kleinen Schwätzchen. Eine liebe Dame.

Es dauerte also nicht lang und ich musste kurz drauf schon wieder in ein anderes Zimmer umziehen, das war dann das letzte Zimmer, die letzte 7. Bettnachbarin, die ich in meiner Klinikzeit kennen lernte, eine iranische Frau, die sehr ruhig war.

Die nächste Woche verbrachte ich damit mich von der 2. OP zu erholen, wieder auf die Beine zu kommen und diesmal alles ohne Halo, der Kopfring war weg, das war eine Freude und Motivation für mich, wieder mein Bestes zu geben und zu trainieren.

 

Kein Halo mehr, kein Halo mehr.

 

Es war schon sehr schön, jetzt brauchte ich keine Hilfsmittel mehr außer einen Gehwagen mit Bremsen und ich konnte selbständig auf die Toilette gehen.

Die intensive Pflege durch die Schwestern entfiel fast völlig, ich konnte vieles jetzt allein, das waren Fortschritte. Das Sitzen ging noch gar nicht gut, nur auf sehr hohen, abgeschrägten Hockern, aber nur für ganz kurze Zeit.

 

Ich war noch sehr schwach und erschöpft, aber hatte das Gefühl von nun an kann es nur aufwärts gehen...   ich hatte ja das Ende des Klinikaufenthalts vor Augen und freute mich darauf nachhause zu kommen.

 

Dann kam der nächste Dämpfer.

Am 08.12.2004, am späten Nachmittag (so gegen 16 Uhr) erfuhren wir von der 3. OP.

 

Eines sollte man als Patient wissen und nicht voraussetzen:

Die Ärzte informieren in der Regel nicht sooooo ausführlich, sondern eher prägnant. Detaillierte Informationen die meinen Zustand betrafen z.B. nach den Operationen, zum Verlauf der Operationen, zur Medikation, etc.  werden nicht freiwillig abgegeben. Die Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist immer eine Holschuld auf Seiten des Patienten, keine Bringschuld des Arztes. Der Patient soll halt fragen, wenn er was wissen will.

 

Das gilt auch für die oft fehlende Kommunikation zwischen Arzt und Schwester.

 

Ein Beispiel:  

Die Schwestern wussten nicht, das ich erneut operiert werden sollte.

 

Sie erfuhren es von mir, dem Patienten.

 

Mir wurde einfach mal so am späten Nachmittag vom Arzt auf dem Flur mitgeteilt, dass ich noch ein 3. Mal operiert werden müsse... morgen früh!

So geschehen, ich hab zwei Augen- und Ohrenzeugen dabei gehabt.

Phil und mein Physiotherapeut waren gerade dabei mit mir eine Runde zu laufen und stützten mich links und rechts etwas dabei, denn noch konnte ich freihändig nicht allein gehen.

Da sehe ich den Arzt, der mich operiert hat von hinten, gerade im Begriff hinter einer Tür zu verschwinden und spreche ihn vor lauter Freude, die 2. OP glücklich und gerade überstanden zu haben, an:

„Hallo Doktor, da haben sie aber sehr gute Arbeit geleistet bei mir oder? Es geht mir gut, ich trainiere fleißig um wieder auf die Beine zu kommen, vielen Dank dafür“ und daraufhin teilt er mir mit, dass ich noch mal operiert werden muss.

Ungläubig sage ich: „Sie nehmen mich jetzt wohl auf den Arm oder?

Das kann doch nicht sein, gestern war doch Chefarztvisite, da hat der Chefarzt nichts zu mir gesagt, wieso hat er da nichts zu mir gesagt? Das muss er doch auf dem Röntgenbild gesehen haben...?“

Der Doktor sagt: „Doch das ist mein voller Ernst, wir müssen noch mal operieren, gleich morgen früh, eine Schraube ist ausgerissen, die müssen wir durch eine längere und stärkere Schraube ersetzen, sonst ist das gesamte Implantat instabil, dauert nicht lang, max. 1. Std., das ist eine Kleinigkeit und sie sind schnell wieder auf den Beinen.“

 

Das war ein Schlag mitten ins Kontor, meine beiden Begleiter und ich konnten es kaum glauben.

 

Phil suchte daraufhin wutentbrannt (vielleicht nicht der Beste Zeitpunkt zum Gespräch) das Gespräch mit dem Chefarzt um sich bei ihm zu beschweren. Der Chefarzt behandelt Phil etwas von oben herab und verweist ihn an den operierenden Arzt, denn es sei immer die Sache des operierenden Arztes die Röntgenbilder zu beurteilen. Der könne das am besten, der operiert hat (leuchtet mir ja auch ein). Also spricht Phil mit dem Doktor der mich operiert hat und der behauptet doch noch er sei gerade auf dem Weg zu mir gewesen, um es mir zu sagen. Das machte Phil nur noch wütender, denn wir sahen ja das dem nicht so war, als er hinaus wollte ins Treppenhaus (weg vom Stationsflur auf dem mein Zimmer lag). Schon komisch, auch da ist man dann als Patient machtlos, wenn Ärzte sich so verhalten. Aber wie gesagt, fachliche Kompetenz und menschliche emotionale Intelligenz sind 2 Paar Stiefel. Welcher Arzt gibt schon gern zu, daß er etwas vergessen hat...

 

Kapitel 6  

3. und hoffentlich letzte OP am 09.12.2004 (1 Std.):

 

Revision dorsal zur Schraubenkorrektur L5 links.

 

OP verlief komplikationslos.

 

Am Nachmittag war ich die einzige Patientin in der Aufwachstation, ich kam nicht auf die Intensivstation und konnte gleich nach dem Aufwachen wieder auf die Normalstation verlegt werden, was war ich froh.

  

Ich kam wieder zu meiner iranischen Bettnachbarin zurück und 8 Tage später war ich soweit, ich durfte nachhause, kaum zu glauben aber wahr. Nach 8 Wochen in der Klinik konnten wir endlich nachhause reisen. 

 

Am 17.12.2004 wurde ich mit 64 Grad im BWS und mit 70 Grad im LWS Bereich aufgerichtet entlassen.

 

Vor den Operationen betrugen meine Verkrümmungswerte über 90 im BWS und 100 Grad im LWS Bereich. Der Entlassungsbericht beurteilte meine Grade in der BWS zwar nur mit 75 Grad, aber ich hatte schon vor 10 Jahren mehr als 80 Grad in der BWS, ich weiß nicht wer da evtl. die Gradzahlen nicht richtig berechnet hat.

 

Die Schmerzen in der Lws-Gegend, die ich vor der OP ständig hatte, bestehen nicht mehr. Der ausgeprägte Lendenwulst ist so abgeflacht worden, dass ich das Ergebnis immer wieder bestaune und nicht fassen kann, der Buckel ist weg. Der Rippenbuckel der BWS ist nach wie vor ausgeprägt, aber man kann nicht alles haben, mehr Aufrichtung war einfach nicht drin und ich kann zufrieden sein mit dem Ergebnis.

 

Die Zeit der Rehabilitation zuhause hält an, ich gehe 2x die Woche zur KG und mache kräftigende symetrische Übungen mit dem Physioband und fahre 15 min. auf dem Heimtrainer zum Aufwärmen. Stück für Stück mache ich kleine Fortschritte, jetzt ist Juni und ich kann ca. 30-45 min. am Stück sitzen, max. 4 Std. unterwegs sein, bevorzuge aber 2,5 Std., ich will nicht übertreiben, tue aber manchmal mehr als mir gut tut. Ich bekomme dafür die Quittung aber postwendend im Gegenzug, mein Körper zeigt mir die Grenzen.

 

Seit 15. Juni hab ich versuchsweise mit der Arbeit begonnen und gehe 3x wöchentlich für 2 Std. täglich zur Arbeit, es tut gut wieder unter Menschen zu sein und gibt mir einen tollen Antrieb und Auftrieb. Psychisch geht es mir heute gut, ich bin motiviert und freue mich an meinen Fortschritten.

 

Zur Halbjahres-Nachuntersuchung müsste ich nach Neustadt fahren, da ich das aber nicht kann (800 km Entfernung), wird mein Orthopäde vor Ort digitale Röntgenbilder von mir aufnehmen und zur Begutachtung nach Neustadt senden.

Am 11. Juli 2005 werden diese Aufnahmen gemacht, bis dahin...ich werde weiter berichten.... 

 

Silviale im Juni 2005 

 

 

Es war nicht gerade einfach eine Radiologie zu finden, die in der Lage ist eine Gesamtaufnahme der WS in 2 Ebenen anzufertigen. Nach etlichen Telefonaten fand ich die Radiologie in Harlaching beim Orthozentrum.

Am 26.07.2005 wurden die richtigen Aufnahmen gemacht, ich mußte nicht lange warten und die Aufnahmen wurden sehr professionell gemacht.

Es stellte sich heraus, daß die Schraube L5 die schon einmal locker war nach der Versteifungs-OP, nun schon wieder locker war und ich eine Pseudarthrose hatte, die den Druck auf die WS ausübte, bzw. meine Schmerzen verursachte.

Pseudarthrose= Fehlgelenkbildung / Es findet keine ordentliche Fusion statt, Schmerzen entstehen (nur operativ zu beheben).

 

Der Schreck vor einer erneuten Operation saß mir in den Gliedern und ich mußte schnell reagieren. So telefonierte ich mit Neustadt und machte einen Ambulanztermin aus. Gottseidank konnte ich schon am 28.07. um 8.00 Uhr in der Früh einen Ambulanztermin bekommen.

Jetzt überschlugen sich die Dinge geradezug, wir mußten einen Flug buchen, eine Unterkunft etc.

 

Am 27.07. flogen wir nach HH und fuhren mit dem Taxi nach Neustadt, meine Schmerzen waren sehr stark und selbst die Oxygesic Tabletten kamen nicht dagegen an. Es war furchtbar.

Dann noch eine Nacht überstehen und am 28.07. in aller Früh fanden wir uns in der Ambulanz in Neustadt ein. Wir waren wie gelähmt, wie in Trance, das konnte doch wohl nicht wahr sein...alles kam wieder hoch...

 

Zum Glück konnte ich gleich im Krankenhaus bleiben, es konnte so auf die schnelle noch ein Bett in der Spritzenstation (unter Station 40) für mich organisiert werden.

Für Phill mußte ich weitere Übernachtungen im Hotel reservieren, alles nicht so einfach in der Hauptsaison an der Ostsee, aber es klappte, wir hatten noch Glück im Unglück.

 

Nach der Aufnahme wurde ich untersucht und ich bekam 2 Spritzeninfiltrationen in die LWS, mit einem leichten Betäubungsmittel, daß mir für die nächsten Stunden sehr gut half, ich hatte Erleichterung für diese Zeit.

 

Das Wochenende verbrachte ich im Krankenhaus, am Montag, den 1. August 2005 wurde ich zum 4. Mal operiert, in 4 Stunden. Es wurden die Schrauben unten in der LWS herausgenommen und die Stäbe bis zur Th12 gekürzt. Neues Knochenspan wurde diesmal aus der linken Hüfte entnommen und aufgefüllt.

 

Es verlief alles problemlos, ich kam nicht auf Intensiv, sondern in den Aufwachraum.

 

Von da an durfte ich nicht mobilisiert werden sondern lag 1 1/2 Wochen nur im Bett, da ich nur liegestabil war.

Es mußte ein Korsett angefertigt werden, das konnte nur geschehen, wenn ich es schaffte für 10 Min. aufrecht zu stehen ohne ohnmächtig zu werden. Mein Kreislauf war nach dem langen Liegen mal wieder im Keller.

Am 5. August konnte eine Gipsanprobe gemacht werden, es ging auch ganz schnell, war aber sehr anstrengend.

Am 10. August bekam ich mein Korsett und am 15. August wurde ich aus der Klinik entlassen.

 

Da wir keinen Flug am 15. bekamen, mußten wir notgedrungen bis zum 16. August wieder ins Hotel. Am 16. fuhren wir mit dem Taxi nach HH und flogen nachhause, nach 5 Stunden waren wir zuhause angekommen. Furchtbar anstrengend für mich noch mit Wundschmerzen und Korsett, ich war fix und foxi....aber froh wieder zuhause zu sein.

 

Mehr von mir, wenn ich wieder länger stehen kann um zu schreiben, fürs erste soll es reichen.

 

Gruß Silvia  6. Oktober 2005      

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  

 

 

 

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